Serdar Somuncu tritt für die "Partei" an: "Ich will erster türkischer Bundeskanzler Deutschlands werden"
Der Kabarettist Serdar Somuncu hat angekündigt, als Kanzlerkandidat für die Satirepartei "Die Partei" ins Rennen zu gehen. Ins Fernsehen kann er damit nicht.
Ein generelles Kruzifix- und Kopftuchverbot, für manche allerdings eine Kopftuchpflicht, Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, verpflichtende Einführung der Homo-Ehe - mit diesem Wahlprogramm zieht der wortgewaltige Satiriker Serdar Somuncu tatsächlich als Kandidat der Satirepartei „Die Partei“ in den Bundestagswahlkampf 2017.
Nun kann man die „Partei“ ernst nehmen oder auch nicht, Fakt ist, dass sich der sehr bekannte Somuncu auf vielerlei TV-Sendern einen Namen gemacht hat und weiter macht. Er hat illustre Formate und Einsätze bei n-tv, ZDF und RBB. Die Sender überlegen nun, wie sie mit dem Fall Somuncu umgehen.
Formaljuristisch scheint die Sache klar. Schauspieler und andere Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Sender, die zu einer Wahl antreten, dürfen nach internen Richtlinien sechs Wochen vor der Wahl als Bewerber um ein Mandat oder als Mandatsträger nicht im Fernseh- oder Hörfunkprogramm als gestaltende Personen auftreten (als Schauspieler, Moderatoren etc.). Das betraf den Schauspieler Charles M. Huber (bekannt aus der Krimiserie „Der Alte“), der 2013 für die CDU in den Bundestag zog, genauso wie den ehemaligen „Titanic“-Chef Martin Sonneborn, der 2014 eben für dieselbe „Partei“ ins EU-Parlament in Brüssel einzog. Sonneborns Auftritte als Außenreporter der „heute-show“ endeten im September 2014.
Unvergessen auch die Aufregung um den damaligen Leipziger „Tatort“-Kommissar Peter Sodann, der 2005 ankündigte, als parteiloser Spitzenkandidat auf einer offenen Liste der PDS (die später in der Partei Die Linke aufgegangen ist) in Sachsen zur Bundestagswahl 2005 zur Verfügung zu stehen. Zwei Tage später zog er seine Ankündigung zurück, da eine Kandidatur und gegebenenfalls ein späteres Mandat nicht mit einer medialen Präsenz als „Tatort“-Kommissar vereinbar seien. 2009 trat Sodann dann sogar noch zur Wahl des Bundespräsidenten gegen Horst Köhler an.
Er rechne mit 33 bis 45 Prozent der Stimmen
Ganz so weit geht Somuncu nicht. Die Bundestagswahl wird voraussichtlich am 17. oder 24. September stattfinden. Es sei in Zeiten der AfD angebracht, einen Türken aufzustellen, sagt „Partei“-Chef Sonneborn dem Tagesspiegel. Er kann ,Mein Kampf’ und mein „Partei-Buch’ auswendig und wird nach Gregor Gysis Abschied der beste Redner im Bundestag sein.“ Zu seinen Chancen, Kanzler zu werden, sagte Somuncu in dieser Woche, er rechne mit 33 bis 45 Prozent der Stimmen. Sonneborns Prognose fällt noch optimistischer aus: „100 Prozent plus x“. Somuncu ergänzt: „Die Machtergreifung ist das Ziel.“
Wie gesagt, es handelt sich um eine Satirepartei. "Eine nette mediale Einlage mit Promo- Effekt. Für beide Seiten, aber auch nicht so neu", sagt CDU-Mann Charles M. Huber dazu. ",Isch kann Kanzler'- hat schon H.P. Kerkeling gesagt. Wir fanden's alle lustig. Mal schauen, was Herr Somuncu daraus macht." Ansonsten- warum sollte sich der Bundestag nicht heterogener gestalten, mit Menschen mit Erfahrung in anderen Berufsgruppen, so Huber weiter. Wer weiß schon um die Probleme von Freiberuflern, eben bei jenem im Filmgeschäft, zum Beispiel in Bezug um deren Rechte in der Lizenzverwertung.
n-tv, ZDF und RBB haben erst mal andere Sorgen. Es geht um die Unvereinbarkeit von Bildschirmpräsenz und Mandat, das Gebot der partei-politischen Neutralität. Konkret dazu äußern, wie lange nun der neue Kandidat Somuncu vor der Bundestagswahl im September 2017 vom Bildschirm genommen wird, möchte man sich noch nicht.
Das werde geprüft, heißt es beim ZDF, wo Somuncus sporadische Zorn-Auftritte in der „heute-show“ sicher kein so großes Loch ins Programm reißen wie beim RBB, wo auf Radio Eins sonntagnachmittags (in der Nachfolge von „Sanft & Sorgfältig“ mit Jan Böhmermann und Olli Schulz) recht erfolgreich Somuncus „Blaue Stunde“ läuft. Ein RBB-Sprecher verweist auf die RBB-Geschäftsordnung: "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des RBB dürfen während eines Wahlkampfs für Europa-, Bundes-tags-, Landtags- oder Abgeordnetenhauswahlen in den sechs Wochen vor dem Wahltermin in keiner Rundfunksendung des RBB auftreten, wenn sie sich im jeweiligen Wahlkampf aktiv betätigen."
Generell gilt: Das Recht, sich außerhalb der dienstlichen Tätigkeit in politischen oder sonstigen interessenorientierten Vereinigungen zu engagieren und für sie zu werben, bleibe unberührt. "Jede Mitarbeiterin beziehungsweise jeder Mitarbeiter habe zu vermeiden, dass der RBB hierdurch unmittelbar oder mittelbar mit politischen oder sonstigen Auseinandersetzungen, insbesondere Wahlkämpfen, in Verbindung gebracht wird. Bei öffentlichen Auftritten oder Aktionen für eine politische Partei oder sonstige Gruppierungen darf weder direkt noch indirekt auf die Zugehörigkeit zum RBB hingewiesen oder ein entsprechender Hinweis veranlasst oder zugelassen werden."
Oder bei n-tv, wo Serdar Somuncu ein eigenes, monatliches Talk-Format hat. Wie lange noch? „Dazu kann ich Ihnen sagen, dass wir das genau prüfen, aber grundsätzlich der Überzeugung sind, dass sich aktiver Wahlkampf und Bildschirmpräsenz ausschließen“, sagt eine n-tv-Sprecherin.
Die nächste Ausgabe von „So! Muncu!“ bei nt-v soll am 30. Dezember laufen. Eine Debatte mit Gästen wie zuletzt Dorothee Bär, Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, über aktuell relevante Themen aus Politik und Gesellschaft, sicher auch mal zum Thema Angela Merkel.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Somuncu nach der Winterpause damit nicht auf den Bildschirm zurück kehren wird, auch nicht in der ZDF-"heute-show", also schon ein gutes halbes Jahr vor der Wahl. Dann tritt Serdar Somuncu gegen Angela Merkel an. Auf seiner Website schreibt er: „Liebes Volk, schnallt euch an. Ich nominiere mich, ich will der erste türkische Bundeskanzler Deutschlands werden. Und dann ist Schluss mit lustig. Vor allem für Erdo, Angie und Konsorten. “
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