Medien: „Ich träume, dass Loriot bei mir mitmacht“
Christian Tramitz über deutschen Humor, Comedy-Gene und seine Zukunft als Heiliger Geist
Die „bullyparade“ verbindet jeder mit Michael Herbig. „(T)Raumschiff Surprise“ kursierte als neuer „BullyFilm“. Wollen Sie mit Ihrer eigenen Sendung „Tramitz and friends“ endlich aus Bullys Schatten treten?
Während der „bullyparade“ herrschte eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Bully, Rick und mir. Aber der Humor entwickelt sich nach siebenjähriger Zusammenarbeit auseinander. Es wird sicher wieder eine Zusammenarbeit geben. Aber jetzt will ich in eine andere Richtung, schreiben und spielen. Der Bully wird über kurz oder lang als Regisseur Karriere machen. Und der Rick wird ein richtig guter Standupper.
Wodurch unterscheidet sich Ihre Sendung von anderen Comedy-Formaten?
Sie ist aufwändig abgefilmt. Es sind wenig Schenkelklopfer zum Schluss drin, es gibt auch Geschichten, die klingen einfach so aus. Wir haben einen tollen Kameramann und Regisseur. Jeder Sketch soll ein kleiner Kurzfilm sein.
Nach welchem Rezept brauen Sie Ideen?
Es gibt kein Rezept, es gibt tragische Tage, an denen wir dasitzen, kommen schleppend weiter und am Ende haut man alles weg. Und es gibt Tage, da schafft man fünf Sketche, das ist viel.
„Tramitz and friends“ läuft auf Pro 7. Damit sind Sie Teil des Unterschichtenfernsehens.
Die Serie ist schichtenübergreifend. Man kann nicht Sketche für bestimmte Schichten schreiben, höchstens bestimmte Zielgruppen anvisieren. Aber auch das ist wohl falsch. Unsere Maxime ist, was uns gefällt, ob das Unterschicht, Mittelschicht oder Oberschicht anspricht.
Wollen 5,2 Millionen Arbeitslose in Deutschland überhaupt Comedy sehen?
Es gibt eine ketzerische These: Wenn es den Leuten am schlechtesten geht, dann wollen sie am meisten Lustiges sehen. Das war schon in der Nachkriegszeit so. Wichtig ist, ein gutes Programm zu machen – egal, ob Drama oder Comedy.
Erübrigt sich also die Frage: Wie viel Spaß darf sein in ernsten Zeiten?
In ernsten Zeiten muss es wahnsinnig viel Spaß geben. Ich glaube nicht, dass man sagen kann, wir haben 5,2 Millionen Arbeitslose, also dürfen wir nichts Lustiges senden, damit alle noch trauriger werden und in Agonie versinken. Das wäre wie beim Tsunami zu sagen, oh, jetzt dürfen wir keine Urlaubsparadiese mehr zeigen. Und im Gegensatz zu Deutschland laufen etwa in England Sendungen wie „The office“ – die sind wesentlich härter.
Wie würden Sie die Humormentalität der Deutschen beschreiben?
Es sind schon viele daran gescheitert, den deutschen Humor zu beschreiben. Wenn man nach Amerika schaut mit „Friends“ oder England, sieht man, dass die Deutschen hinterherhinken. Aber es ist möglich, erzieherisch tätig zu werden. Irgendwann hat ihnen auch Monty Python gefallen. Man muss den Mut haben, Neues zu probieren. Von Sachen, von denen man weiß, dass sie funktionieren, sind die Leute schnell übersättigt.
Welche Erziehungsmaßnahmen würden Sie in Sachen deutscher Humor ergreifen?
Wir versuchen, das undogmatisch zu machen, es darf auch mal ein ganz flacher Kalauer, über den wir spontan lachen, sein. Wir legen uns nicht von vorneherein auf eine bestimmte Richtung fest.
Und wer ist Ihr humoristisches Vorbild?
Joseph Hader, der ist so abgedreht und versponnen, und ich bin ein alter Monty Python-Fan. Und Loriot, der ist ein ganz großes Vorbild. Ich träume immer noch davon, dass er bei mir mitmacht.
Der wohnt bei Ihnen direkt um die Ecke...
Ich sehe ihn oft beim Spazierengehen, aber traue mich nie, ihn anzusprechen...
Gibt es ein Comedy-Gen?
Das weiß ich nicht. Aber die Lust am Menschen-Beobachten muss da sein. In der S-Bahn Gespräche aufschnappen - daraus schöpft man am meisten. Das ist ja das Komische, wenn man wiedergeben kann, wie die Leute sich bewegen und verhalten. Daraus entsteht Comedy.
Kann man Comedy auch lernen?
Es gibt Comedian-Schulen und bestimmte Techniken, aber ich glaube, es ist nicht lernbar. Es gibt ein tolles, bitterböses Theaterstück, „Die Schule der Komiker", da werden Komikerschulen aufs Korn genommen.
Hauptberuflich sind Sie lustig - Sind Sie privat auch mal schlecht gelaunt?
Ja, und wie. Ich bin superlaunisch. Mir fehlt die Mittellage. Entweder ich nerve die Leute, weil ich supergut drauf bin, oder ich bin superschlecht drauf. Aber nicht die Mär vom traurigen Clown.
Über was lachen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich sehe viel Kabarett, Helmut Qualtinger, Joseph Hader, Loriot. Es muss auch nicht nur lustig sein, ich habe also keinen eigenen Comedy-Kanal...
Welche Sendung kommt nicht in Frage?
Ich bin da nicht militant. Aber es gibt Sachen, da schalte ich reflexartig ab. Wenn man Semi-Prominente zusammensperrt und sie zwingt, miteinander auszukommen, ist das wahnsinnig langweilig. Auch „Big Brother“, selbst wenn man die lebenslänglich einsperrt, nutzt es nichts.
Haben Reality-Shows Zukunft?
Ich glaube, Reality-Formate sind langsam ausgereizt. Dafür sehen die Leute immer mehr Dokumentationen.
Auf welchem Sender würden Sie sich denn am liebsten sehen?
Das ist eine teuflische Frage. Ich fühle mich im Augenblick sehr wohl.
„Tramitz and friends“ hat 15 Folgen. Was kommt dann?
Wir haben ein Drehbuch für einen Kinofilm, „Die heilige Dreifaltigkeit“.
Wann darf man mit dem Film rechnen?
Die Geschichte spielt an Weihnachten, wir brauchen Schnee. Ich hoffe, dass wir das diesen Winter auf die Reihe kriegen.
Und welche Rolle spielen Sie?
Ich bin der Heilige Geist. Dreifaltigkeit, das sind ja Gott Vater, Gott Sohn und der Heilige Geist. Die leben auf einem Hof in Bayern. tragikkomisch soll das sein.
Gott Vater und Gott Sohn werden nicht zufällig von Bully und Rick gespielt?
Nein, die Besetzung steht noch nicht. Aber Gott Vater ist eine schöne Rolle, der spricht den ganzen Film nichts, muss keinen Text lernen und kriegt trotzdem einen Haufen Geld. Das war ein Aufruf.
Das Gespräch führte Jenni Roth.
„Tramitz and friends“, um 21 Uhr 15 auf Pro7
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