WhatsApp-Gründer Jan Koum: Ich bin der Gute
Er preist seinen Messaging-Dienst als SMS-Gegenmodell - und als Albtraum für die Horcher und Gucker der NSA. Trotz der mehreren Millionen Nutzer sieht der WhatsApp-Gründer und Unternehmer Jan Koum noch mehr Luft nach oben.
Auf der Digital-Life-Design-Conference in München trifft sich zum zehnten Mal ein buntes Gemisch aus Visionären, Wirtschaftsbossen und Politikern, um sich gegenseitig die Online-Welt zu erklären. Die ist zu einem schnelllebigen Geschäft geworden, wo heute ein Geschäftsmodell verglüht, das gestern noch gefeiert wurde. So kann man gerade dem Untergang des Kurznachrichtendienstes SMS zusehen. Die Jugend nutzt die gebührenpflichtigen SMS eigentlich nur noch, falls die Eltern auf die altmodische Idee kommen sollten, ihnen etwas zu simsen.
Untereinander kommuniziert man über WhatsApp, ein Messaging-Dienst, den man zum Start kostenlos auf sein Smartphone laden kann. In Deutschland gibt es schon 30 Millionen aktive Nutzer (die müssen mindestens einmal monatlich aktiv sein), weltweit sind es 430 Millionen.
Über den Gründer war bislang kaum was bekannt. Umso mehr geriet Jan Koums Auftritt bei der DLD-Conference zu einem Höhepunkt des Tages. Arianna Huffington und Paulo Coelho hatten Koum mit ihrer uninspirierten Vorstellung den Boden bereitet. Die Gratis-Journalistin („Huffington Post“) und der Esoterik-Autor („Der Alchimist“) hatten sich darauf geeinigt, dass es oft kleine Anlässe seien, die einen ein neues Leben beginnen lassen. Coelho verwies auf den Duft einer Madeleine bei Marcel Proust, die jenen zum Schreiben von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ bewegt hatte.
Bei WhatsApp-Gründer Jan Koum war es die Erfahrung, als er 1992 aus den USA, wohin er als Junge gezogen war, mit seiner Familie in der Ukraine teuer kommunizieren zu müssen. Koum hat das Problem auf seine Weise perfekt gelöst.
18 Milliarden Nachrichten pro Tag
Heute werden über WhatsApp täglich 18 Milliarden Nachrichten weltweit verschickt. Werbefrei und abhörsicher, wie sich Jan Koum auf der Münchner Innovationskonferenz zu versichern beeilte, dafür verschlüssele man eigens die Kommunikation zwischen den eigenen Servern und den Smartphones. Er habe sich, bevor er nach Deutschland kam, den Film „Das Leben der Anderen“ angesehen und natürlich wisse er noch, wie sich das anfühlt, „wenn Wände Ohren haben“. Also interessiere ihn so wenig wie möglich von den Nutzern seines Dienstes: „Wir wissen nicht, wo sie wohnen und was sie machen. Wir kennen nur ihre Nummer“, verspricht Koum Datenschutz und will sich so als Albtraum aller NSAs, Yahoos und Googles dieser Welt erweisen. Koum möchte zudem ausschließen, dass sich Werbung zwischen WhatsApp und die Smartphones der Benutzer stellt, dafür sei ihm diese Beziehung doch „zu intim“.
Überhaupt sieht sich der Unternehmer noch als Inhaber eines StartUps. Lediglich 50 Leute arbeiteten in seiner Firma, davon seien zwanzig für den Service in den entsprechenden Landessprachen zuständig und der Rest Ingenieure, die dem schnell wachsenden Kundenzuspruch eine problemlose technische Basis bieten sollen. Denn sein Ziel ist ehrgeizig: „Wir wollen mit Whats App irgendwann auf jedem Smartphone weltweit sein.“ Da es 1,5 Milliarden Smartphones gebe und erst 430 Millionen seinen Dienst nutzten sei ja noch jede Menge Luft nach oben.
Nachhaltigkeit und Kapital
Aber natürlich verdiene er schon jetzt Geld, weil er von jedem Benutzer im zweiten Jahr jährlich einen Dollar Gebühr einstreiche. Kleinvieh macht auch Mist. Aber so richtig Gedanken übers Geld verdienen wolle er sich erst 2015 oder 2016 machen. WhatsApp solle ein nachhaltiges Unternehmen werden, das sich über Jahre und Jahrzehnte behaupten soll.
Koum reagierte damit auf Spekulationen, dass Facebook oder Google sich für eine Milliardensumme seine Firma einzuverleiben gedächten. Dass er mittlerweile mit seinen WhatsApp-Nachrichten, die nur auf Smartphones und über eine Internet-Verbindung laufen, schon weltweit genauso viel oder sogar mehr Nachrichten verwalte wie SMS oder die Konkurrenz von Snapchat, registriert der Mann, der lässig in gelbem T-Shirt und Kapuzenpulli auftritt, mit einem Achselzucken.
Einen Seitenhieb auf Apple kann sich Jan Koum allerdings nicht verkneifen: „Im Gegensatz zu Apple ist Android offen dafür, dass wir neue Features über Nacht auf die Smartphones bringen und die Probleme so schnell wie möglich beheben können.“ Aber natürlich ist er auch auf den Goodwill von Apple angewiesen, wenn sich seine persönliche Vision erfüllen soll, bald das weltweite Synonym für eine Messaging-Plattform zu werden. „Ich möchte, dass es normal ist, mit WhatsApp sich ,Gute Nacht’ zu sagen und am nächsten Tag sich eben auf diesem Weg einen ,Guten Morgen’ zu wünschen.“
Jörg Seewald
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