Fernsehfilm: Hape der Große
Was kostet die Welt: Für das ZDF rast Hape Kerkeling in bunter Maskerade durch Raum und Zeit. Die Produktion unter der Regie von Gero von Boehm ist für einige Überraschungen gut.
Bei der Präsentation zur ZDF-Reihe „Terra X: Unterwegs in die Weltgeschichte“ vor ein paar Wochen ließ Hape Kerkeling die mediale Aufmerksamkeit still lächelnd über sich gehen. Das Kino am Berliner Kurfürstendamm war proppenvoll. Entertainer und ZDF-Obere werden gewusst haben, dass die Leute nicht alle wegen dieser neuen, bunten Dokumentation zur Weltgeschichte gekommen waren, sondern um den etwaigen „Wetten, dass…?“-Moderator und Nachfolger von Thomas Gottschalk leibhaftig zu sehen und zu befragen.
Kein Wort zu "Wetten, dass...?"
Hape Kerkeling nach „Wetten, dass...?“ fragen, das bringt derzeit bekanntermaßen nicht viel. Bis diese Endlos-Personalie wohl im Dezember also geklärt wird, darf der 46-jährige Entertainer von diesem Sonntag an in sechs Folgen noch einmal zeigen, was ihn im deutschen Fernsehen so bekannt und so beliebt gemacht hat: seine Verwandlungsfähigkeit. Für „Terra X“ schlüpft Kerkeling in die unterschiedlichsten Rollen, rast im Schweinsgalopp durch fünf Jahrtausende, mal als Alexander der Große, mal als Kaiser Nero, mal als Katharina die Große, als Queen Victoria oder auch Michail Gorbatschow.
Neben diesen überraschenden Momenten erklärt Kerkeling monologartig an über 30 Orten die großen geschichtlichen Zusammenhänge, wobei ihm das mit dem Feinsinn und dem Witz an anderer Fernsehstelle schon besser gelungen ist. So gerne das der gebürtige Recklinghausener auch hätte: Den Geschichtslehrer nimmt man Kerkeling nicht so leicht ab wie Horst Schlämmer oder Hannilein. Vielleicht liegt’s an Mastermind, Autor und Regisseur Gero von Boehm, mit dem Kerkeling für dieses Format ein Jahr lang durch die Weltgeschichte reiste. Der erste Teil führt Kerkeling nach Ägypten, wo er einen Pharaonen nach dem anderen präsentiert, dann Indien, China, Griechenland, alles in 44 Minuten.
Ein paar Gelder zuviel
„Wir versuchen den Blick zu schärfen für die Quantensprünge der Menschheit“, sagt Kerkeling. Er wolle sichtbar machen, wer am großen Rad gedreht habe, welche Individuen, welche Geschehnisse, welche Ideen dazu beigetragen hätten. Das ist löblich. Und teuer. Kerkeling auf der Mauer in China, Kerkeling auf einem Boot auf dem Nil, Kerkeling an der Klagemauer in Jerusalem, Kerkeling im Jackett auf der Akropolis in Athen – das Zweite hat hier hübsch Flugmeilen gesammelt. Spätestens beim fünften Kerkeling-Aufsager unter südlicher Sonne fragt sich der Zuschauer, ob nicht der eine oder andere öffentlich-rechtliche Euro zu viel ausgegeben worden ist.
Quotentauglich ist diese Grundwissenvermittlung im Guido-Knopp-Hurra-Stil allemal. „Terra X“ gehört mit seinen rund vier Millionen Zuschauern zu den erfolgreichsten ZDF-Sendungen, gerade auch in der jüngeren Zielgruppe. Hape Kerkeling wird sich gut überlegen, ob er eine zweite Staffel „Terra X“ mit einjähriger Weltreise-Garantie für den mutmaßlichen Olymp der Fernseh-Unterhaltung, für ein wie auch immer geartetes „Wetten, dass...?“ aufgibt.
„Terra X: Unterwegs in der Weltgeschichte – mit Hape Kerkeling“, Sonntag, ZDF, 19 Uhr 30
Markus Ehrenberg