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Vom Fußballer zum Netz-Junkie: Hans Sarpei hat sich zur Internet-Marke gemacht

Alles begann mit einem Witz. Hans Sarpeis Humor ist so schwarz wie seine Hautfarbe. Das brachte ihm nicht nur viel Ruhm, sondern auch Werbeverträge ein.

Der Mann denkt dreideutig. Er macht Liegestütze ohne Arme, kauft Obst bei Apple, kann seine eigenen Elfmeter halten und auf Land schwimmen. Dieser sagenhafte Mann ist, wenn man ihm begegnet, ein ruhiger Mittdreißiger, mittelgroß, Pulli, Jeans, Turnschuhe. Er sitzt in der Lobby eines Berliner Businesshotels, knetet seine Hände und weiß selbst nicht, warum er all das kann. Sein Name ist Hans Sarpei, das „I“ steht für Gefahr, so heißt es im Internet. Völliger Nonsens, eigentlich, doch es ist die Art von Humor, um die sich bei Facebook und Twitter Gemeinschaften aus Mitwissenden und Mitlachenden bilden. Sarpei hat mal Fußball gespielt. Er grätschte und rannte jahrelang die Außenbahnen der Bundesliga entlang, nie sehr schnell und elegant, aber immer mit Herzblut. Zuletzt spielte er für Schalke 04, oder Schalke hat für ihn gespielt, heißt es im Netz. Nun ist Sarpei ein Internetphänomen. Hunderttausende mögen ihn, Zehntausende sprechen jetzt gerade über ihn.

Es begann mit einem Witz. Sarpei, der bescheidene Fußballer, ist der Mann, der alles kann – eben wie Chuck Norris, der Actionfilmstar. Wer die Ironie nicht versteht, gehört nicht dazu. Die Leute lachten. Und nun, zwei Jahre später, lachen sie immer noch. Und es werden mehr. Der Witz ist ernst geworden und professionell. Firmen in ganz Deutschland umgarnen Hans Sarpei. Warum kann der Mann, was er kann? „Ich habe etwas versucht und es hat geklappt“, sagt der 36-Jährige. „Das kann man nicht steuern.“ Und doch hat er genau das geschafft, er hat eine Art Unternehmen daraus entwickelt. Das vernachlässigt er nicht, obwohl er sich mittlerweile zum Jugend-Fußballtrainer ausbilden lässt.

Der Hans Sarpei aus dem echten Leben ist keine Spaßkanone, er spricht bedächtig, fast schüchtern, manchmal kiekst seine Stimme nach oben. Der erste lustige Spruch kommt nach einer Dreiviertelstunde. Im Netz geht das schneller. Als ihm seine Nichte vor zwei Jahren sagte, die reden über dich im Internet, gab er seinen Namen ein und verstand nichts. „Alle dachten, ich führe alle diese Seiten“, erzählt er. Er beschloss: „Ich hole alle in eine Gruppe, in meine Gruppe“. Über Facebook oder Twitter veröffentlicht er selbst Sprüche und Bilder, etwa wie er vor einem Kopierer einen schwarzen Ausdruck hochhält und schreibt: „Schon wieder eine schlechte Kopie von Hans Sarpei“. Sein Humor ist so schwarz wie seine Hautfarbe. Das kommt an.

Der versteckte Spott und der latente Rassismus in vielen Sarpei-Witzen hätten ihn nie getroffen, sagt er. Sarpei kam mit drei Jahren aus Ghana nach Köln. „Ich habe wegen meiner Hautfarbe viel mit Ausländerfeindlichkeit gelebt“, sagt er. Es klingt, als rede er über jemand anders. Der Mann kann auch ernst sein: Er ist Unicef-Pate, will für Integration werben. Beim Sprechen deutet er oft ein Lächeln an, aber die Augen wirken ernst, man weiß nie: War das jetzt gerade Ironie? Im Netz ist es einfacher dazuzugehören. Da ist alles Ironie, egal ob er über Politik oder die Finanzkrise witzelt. „Ich haue etwas raus, damit die Leute drüber lachen.“

Das ist seine Stärke. Er tauscht sich aus mit seinen Fans, erschließt sich neue Themenfelder. Das hat eine Werbeagentur herausgefunden. Jung von Matt erstellte eine 20-seitige Analyse über ihn. Sarpei sei eine Spaßmarke, steht da drin. Wer in sozialen Medien als Marke bestehen wolle, der müsse Spaß bereiten. Und wenn ein Unternehmen keinen Spaß versteht, kann man sich dazudenken, dann braucht es Hans Sarpei. Die Studie liegt vor ihm auf dem Tisch. Er deutet darauf und sagt: „Da steckt Potenzial drin.“

Sarpei ist zum Internetjunkie geworden, schaut ständig auf sein Smartphone, sucht Witzethemen im Netz, sitzt nachts bis drei Uhr auf der Couch, um Fans zu antworten. Er lebt von Erspartem aus Fußballerzeiten. Doch sein Netzruhm brachte auch Werbeverträge, von Zeitungen („Bild kannst du knicken, Hans Sarpei nicht“) bis zu angeschlagenen Kaufhäusern („Ab sofort schreibt Karstadt schwarz“). Muss darunter nicht der Markenkern leiden: die Authentizität? Im April 2011 veranstalten Schalke-Fans im Blog „Web04“ eine Sarpei-Woche, mit Gedichten, Liedern und Witzen. Ein Jux, der sich verselbstständigte im Netz. „Wir freuen uns für ihn“, sagt Web04-Blogger Jan-Nicolai Kolorz. Aber er sagt auch, dass es bei der „Bild“-Werbung „ein bisschen zwickt, das ist nicht schön, aber es macht ihn nicht weniger sympathisch“.

Sarpei kann eben alles, und nichts kann ihm etwas. „Wir haben uns weiterentwickelt von den Chuck-Norris-Witzen“, sagt er. Wir, er, der Humor, die Fans, die Berater, seine Marke. Aber wie lang lachen die Leute noch, wie lange kann Sarpei noch alles? „Wenn ich selber nicht mehr lache, habe ich keine Lust mehr.“

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