zum Hauptinhalt
Update

Sieg zweiter Klasse: Gericht erklärt "Tagesschau"-App für rechtens

Zeitungsverleger wollen gegen „Tagesschau“-App vor den Bundesgerichtshof ziehen. Das OLG Köln war auf die Presseähnlichkeit der News-App nicht eingegangen.

Die deutschen Zeitungsverlage müssen auf Smartphones und Tablets mit der gebührenfinanzierten Konkurrenz durch die „Tagesschau“-App leben – zumindest vorerst. Das Oberlandesgericht Köln hat die Nachrichten-App der ARD am Freitag in zweiter Instanz für rechtens erklärt. Elf Tageszeitungsverlage – darunter der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, Axel Springer und Funke-Mediengruppe – hatten gegen die vor drei Jahren eingeführte App geklagt. Seither wurde das Programm fast sieben Millionen Mal installiert. Die Verleger, die mit eigenen kostenpflichtigen News-Apps Einnahmeverluste aus dem Printgeschäft ausgleichen wollen, sehen in der kostenlosen „Tagesschau“–App einen unlauteren Wettbewerb. In erster Instanz hatte sich das Landgericht Köln dieser Argumentation angeschlossen.

OLG lässt Revision vor Bundegerichtshof zu

Das Oberlandesgericht Köln kommt nun jedoch zu dem Schluss, dass die App als Teil des Telemedienkonzepts für Tagesschau.de ohne Einschränkungen zulässig sei. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen, gegen das Urteil kann vor dem Bundesgerichtshof Revision eingelegt werden. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) kündigte gegenüber dem Tagesspiegel an, vor den BGH zu ziehen.

Der Vorsitzende Richter des OLG Köln, Hubertus Nolte, begründete die Entscheidung damit, dass es sich bei der „Tagesschau-App“ lediglich um „eine mobile Übertragungsform des Online-Angebots Tagesschau.de handele und mit diesem inhaltlich deckungsgleich sei. Allerdings ist es ein Sieg zweiter Klasse, denn die von den Verlagen monierte Presseähnlichkeit der „Tagesschau“-App wurde vom OLG nicht behandelt. Das Gericht weist vielmehr darauf hin, dass die App im Jahr 2010 den verbindlichen Drei-Stufen-Test durchlaufen habe und danach von der Niedersächsischen Staatskanzlei freigegeben worden sei. Dabei sei auch die Presseähnlichkeit geprüft worden. „Dieselbe Frage könne daher vom Senat weder hinsichtlich des Gesamtkonzepts noch hinsichtlich seiner tagesaktuellen Umsetzung nicht noch einmal geprüft werden, da eine anderweitige Bewertung durch die Wettbewerbsgerichte die im Drei-Stufen-Test getroffenen Bewertungen in Frage stellen und letztlich dazu führen würde, dass das durchlaufene Prüfverfahren im Ergebnis wirkungslos wäre“, teilte das Gericht mit. Die ARD hatte auf die Diskussion unter anderem damit reagiert, dass seither in den Beiträgen auf Tagesschau.de und in der App erklärt wird, welche Sendung der Text ergänzt. „Ich sehe keinen Grund, warum man daran nach dem Urteil etwas ändern sollte“, sagte ein Sprecher des für die ARD-aktuell verantwortlichen NDR dem Tagesspiegel. Bei der gerichtlichen Prüfung hatte dieser Aspekt ohnehin keine Rolle gespielt, da es diese Hinweise in der geprüften App-Ausgabe vom 15. Juni 2011 noch nicht gegeben hatte.

ARD-Vorsitzender Marmor plädiert für Kooperation statt Konfrontation

Lutz Marmor, ARD-Vorsitzender und NDR-Intendant, begrüßt die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln. „Für die vielen Nutzer der Tagesschau-App ist das eine gute Nachricht. Das Gericht hat unsere Auffassung bestätigt, dass die Tagesschau-App rechtmäßig ist“, so Marmor. „Unabhängig von der Entscheidung bin ich der Meinung, dass Verlage und der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht auf Konfrontation setzen sollten, sondern auf Kooperation. Wenn Verlage zum Beispiel hochwertige Videos wie die ‚Tagesschau in 100 Sekunden‘ in Zeitungs- Websites einbinden, kann das deren Attraktivität steigern.“ Kosten entstehen den Verlagen durch die Übernahme der Videos nicht, die ARD sieht darin die Chance, die „Tagesschau“ auf zusätzlichen Plattformen zu verbreiten. Auch sonst unterstreichen die Senderverantwortlichen regelmäßig, dass die tatsächliche Gefahr nicht vom Konkurrenzkampf zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Verlagen, sondern von den Giganten aus der Internetwelt ausgeht. Darin sind die Verleger zwar mit der ARD einig, doch die Kritik an der "Tagesschau"-App bleibt. "Die Öffentlich-Rechtlichen sind durch den Rundfunkstaatsvertrag in einer Weise privilegiert, die den privaten Wettbewerbern die Luft zum Atmen nimmt", heißt es beim BDZV. Kurt Sagatz

Kurt Sagatz

Zur Startseite