Interview: „Für mich lebt der Moment“
Nena spricht über ewige Jugend, Erfolg und die neue Castingshow „The Voice of Germany“.
Nena, mit 22 Millionen verkauften Tonträgern weltweit gehören Sie zu den erfolgreichsten Künstlern der deutschen Musikgeschichte. Warum jetzt mit „The Voice of Germany“ eine Castingshow?
22 Millionen verkaufte Platten halten mich nicht davon ab, eine Schule zu gründen, im „Musikantenstadl“ aufzutreten, oder Coach in der besten Castingshow der Welt zu sein. Ich tue gerne Dinge, die für mich ungewohnt und neu sind, außer Achterbahnfahren und Bungeespringen, das geht gar nicht. Für „The Voice“ habe ich mich entschieden, weil diese Show extrem Spaß macht und ich da zu einhundert Prozent umsetzen kann, was mir in der Zusammenarbeit mit Menschen wichtig ist: einladen – ermutigen – inspirieren.
Weshalb soll „The Voice“ das gelingen, was Sendungen wie „DSDS“ und „Popstars“ bisher nicht geschafft haben: einen Sänger oder eine Sängerin zu finden, die dauerhaft erfolgreich sind?
Ich gehöre nicht zu den Leuten, die nach Dauerhaftem schreien, und ich bemühe mich auch nicht um Nachhaltigkeit. Für mich zählt nicht die ewige Jugend, der ewige Erfolg oder eine Ehe, die hoffentlich ein Leben lang hält. Für mich lebt der Moment, in seiner ewigen Schönheit, und manchmal reise ich in die Zukunft. Das kann auch ganz nett sein, aber die Gegenwart ist mir lieber.
Tausende von Jugendlichen bewerben sich für die Castingshows, Millionen Zuschauer sehen vor den Fernsehern zu. Warum faszinieren diese Sendungen so viele Menschen?
Das Thema scheint ja auch Sie zu faszinieren, sonst würden Sie nicht so dringend nach einer Antwort suchen. Lassen wir es doch einfach so stehen: Diese Shows haben seit tausend Jahren Erfolg, und jetzt gibt’s endlich „The Voice“ , eine Castingshow, in der man andere Menschen nicht in Grund und Boden demütigt. Das ist doch herrlich!
Wenn Sie heute eine Musikkarriere starten wollen würden. Würden Sie das über eine Castingshow versuchen?
Ein „Was wäre wenn“-Leben führe ich nicht. Mein Weg verlief ein wenig anders, ja, aber das macht es nicht besser oder schlechter. Bei dem einen geht’s auf direktem Weg in die nächste Castingshow, ein anderer wird Berufsschullehrer, und der Cousin vom anderen landet beim Tagesspiegel. Wen kümmert’s?
„We can be heroes for just one day“ singen Sie mit ihren Jury-Kollegen im Titelsong für „The Voice“, einer Coverversion von David Bowie. Wird der Gewinner am Ende länger ein Held sein als nur für einen Tag?
Ich bin überzeugt: Jeder von uns trägt ein Licht in sich, und wie viel oder wie lange andere davon etwas zu sehen bekommen, bestimmt jeder für sich allein.
Würde ein dauerhafter Erfolg nicht der Castingshow-Maschinerie widersprechen, die immer neue Gesichter fordert?
Was wäre ein Tagesspiegel ohne seine Leser? Was wäre eine Castingshow ohne neue Gesichter? Was bringt uns diese Art von Fragestellung? Sie bringt uns auf jeden Fall auf direktem Weg in die „Was wäre wenn“-Welt… Na dann mal bloß wech hier...
Das Interview führte Sonja Pohlmann.
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