Öffentlich-rechtliche Sender: Für den Rundfunkbeitrag muss keiner mehr ins Gefängnis
Erzwingungshaft bei nicht gezahltem Rundfunkbeitrag? Das finden der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht verhältnismäßig - mit Folgen für den ehrlichen Zahler.
Da ist der ARD-Geschäftsführung ein sehr buttriger Satz eingefallen: "Wir streben stets eine gütliche Einigung mit dem Beitragszahler an." Hinter diesem Satz steht ein Wollen: Nie wieder soll ein Deutscher/eine Deutsche für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ins Gefängnis gehen müssen! Seit Einführung des Rundfunkbeitrages war das erst einmal passiert, und zwar im Einzugsgebiet des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Da wurde die 46-jährige Sieglinde Baumert aus Geisa in Thüringen in Erzwingungshaft genommen. Sie hatte einen Zahlungsrückstand von 191 Euro, alle Mitteilungen, Ermahnungen und Mahnungen des Beitragsservice an sich abperlen lassen. Vor allem weigerte sich Baumert, eine vom Gerichtsvollzieher geforderte Vermögensauskunft abzugeben - der Grund für die Erzwingungshaft, die maximal ein Jahr dauern sollte.
Der MDR erfuhr von seiner Beitragszahlerin in Haft nur zufällig, bis heute konnte nicht aufgeklärt werden, welche Instanz im Beitragsrund am meisten versagt hat. Die Gegnerschaft des Zwangsbeitrages jedenfalls hatte ihre Märtyrerin, MDR, ARD, Beitragsservice, sprich der gesamte öffentlich-rechtliche Rundfunk aus ARD, ZDF und Deutschlandradio hatte eine sagenhaft schlechte Publicity. Was, wenn Sieglinde Baumert gar noch in Hungerstreik getreten wäre?
Kein Gefängnis mehr für Beitragsverweigerer!
Der Casus ließ Sender und Beitragsservice nicht ruhen. Es gibt nun ein Comment: Kein Gefängnis mehr für Beitragsverweigerer. Oder wie der ARD-Vorsitz - lustigerweise ist das aktuell der MDR - dem Tagesspiegel mitteilte: "Nach Auffassung der Rundfunkanstalten sollen solche Zwangsmaßnahmen im Vollstreckungsverfahren zum Rundfunkbeitrag grundsätzlich angemessen sein. " Im Falle von Frau Baumert sei beispielsweise der MDR nach Überprüfung und Bewertung zu dem Schluss gekommen, dass die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt gewesen sei. "Der MDR hatte die zuständige Vollstreckungsbehörde daher gebeten, den Auftrag auf Vollzug des Haftbefehls gegen die Schuldnerin zurückzunehmen." Im April kam die Thüringerin wieder frei. Der MDR hatte mächtig schlechte Presse eingefahren, und er hatte ein mieses Geschäft gemacht. Baumert hatte die 191 Euro nicht bezahlt, zudem musste der Sender die Kosten für die Erzwingungshaft übernehmen.
Der Zwang zum Beitrag bringt immer mehr gegen den Beitrag auf. Zwang muss ersetzt werden durch Kommunikation, die von der Notwendigkeit des Beitrages reden muss. Ist schwer, klar, aber eben notwendig. Kassieren und Schweigen - das war gestern.
schreibt NutzerIn schlauimkopf
Beitragspflicht aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit
Natürlich steckt der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Klemme. "Aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit muss die Beitragspflicht durchgesetzt werden, dazu verpflichtet uns auch die KEF", teilte der ARD-Vorsitz zu Recht mit. Wie groß also muss der Zwang sein, den Zwangsbeitrag zu bezahlen? Nach dem Jahresbericht 2015 des Beitragsservice gibt es 44,67 Millionen Beitragskonten im privaten wie nicht privaten Bereich. Die Zahl der Mahnmaßnahmen ist von 14,9 Millionen in 2013 auf 25,4 Millionen in 2015 emporgeschossen, nicht anders die Zahl der Zwangsmaßnahmen im Vollstreckungsverfahren. Der Widerstand gegen den Rundfunkbeitrag wird nicht kleiner, er wird größer.
Wenn Sender und Beitragsservice nun auf die letzte Stufe - die Gefängnishaft - verzichten, dann gilt für das Finanzierungssystem von ARD, ZDF und Deutschlandradio und den Beitragszahler dreierlei:
1. Die Beitragsgerechtigkeit im Sinne der allgemeinen Beitragspflicht existiert nicht mehr.
2. Der GEZ-Fahnder ist abgeschafft, jetzt kommt der Gerichtsvollzieher mit dem Schupo in Begleitung. Verhaftet wird tatsächlich nicht, dafür rasselt der Schupo eindringlich mit den Handschellen.
3. Wenn die Zahl der Beitragsverweigerer weiter wächst, dann müssen die ehrlichen Zahler diese Lücke mit höheren Beiträgen ausgleichen müssen.