Pro Quote: Frauen an die Waffen
Wenn Frauen in den Medien führen wollen, bringt brav sein wenig. Die Initiative Pro Quote setzt sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit ein.
Jakob Augstein findet die Frauen viel zu nett. Sie sollen streiken. Mit Farbbeuteln werfen. Den Männern die Pistole auf die Brust drücken. „Denn freiwillig machen die das ganz sicher nicht“, ist der Herausgeber der Wochenzeitung „Der Freitag“ überzeugt. Freiwillig werden die Chefredakteure, Verleger und Intendanten sicher nicht mindestens 30 Prozent der journalistischen Führungspositionen mit Frauen besetzen, sagt Augstein. „Denn Männer wollen lieber mit Männern arbeiten und deshalb stellen Männer auch lieber Männer ein.“
Das offenbart zumindest der Blick auf die deutsche Medienlandschaft. Nur zwei Prozent der rund 360 deutschen Tages- und Wochenzeitungen werden von Frauen geführt, von den zwölf Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind lediglich drei weiblich. Und auch in den Redaktionen der Nachrichtenmagazine stehen fast ausschließlich Männer an der Spitze, beklagt die Initiative Pro Quote, die inzwischen knapp 3600 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden hat. In einem offenen Brief an Chefredakteure, Intendanten und Herausgeber forderte sie im Februar, dass innerhalb der nächsten fünf Jahren mindestens 30 Prozent der Führungspositionen in den Medien mit Frauen besetzt werden.
Aber ist eine Quote wirklich der richtige Weg, um Frauen an die Schalthebel der Medienmacht zu bringen? Und ändert sich der Journalismus, wenn Chefinnen entscheiden? Darüber diskutierte Moderator Thomas Leif am Dienstagabend in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz im Rahmen des „Mainzer Medien Disput“ zusammen mit Augstein und vier Kollegen.
Nur einer aus der Runde erwies sich als Quoten-Gegner: Alexander Görlach, Herausgeber und Chefredakteur von „The European“. „Eine Quote zu fordern, ist nicht mehr zeitgemäß. Die Struktur der Medienlandschaft wird sich alleine schon deshalb ändern, weil mehr Frauen im Journalismus ausgebildet werden und deshalb automatisch an die Spitze rücken“, sagte Görlach. Dass aber genau das nicht passiert, ist die Erfahrung vieler Journalistinnen, wie Moderatorin und Pro-Quote-Unterstützerin Anne Will bereits am Montagabend bei einer Diskussion im Tagesspiegel sagte: „Ich war früher auch keine Freundin von Quoten, aber heute glaube ich: Es ist höchste Zeit für die Quote, damit sich etwas verändert. Weiter auf Freiwilligkeit zu setzen, wäre naiv.“
Sehen Sie hier eine Umfrage unter Tagesspiegel-Mitarbeitern zur Quote:
Sie treffe immer mehr Frauen jenseits der 35, die sagten, dass sich endlich strukturell etwas verändern müsse. Es reiche nicht, dass zum Beispiel im Fernsehen Frauen als Moderatorinnen gut vertreten und sichtbar sind, denn noch immer gebe es viel zu wenige Chefredakteurinnen, Fernseh- und Hörfunkdirektorinnen. „Die Quote ist, auch wenn man sie nicht mag, ein geeignetes Instrument, die Situation zu verbessern, und eines, das ohnehin darauf zielt, sich selbst überflüssig zu machen.“
Nicht aus Gründen der Gerechtigkeit, sondern allein aus Eigeninteresse sollten die Verlage darauf setzen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, argumentierte Augstein am Dienstagabend: „Wir wollen doch Zeitungen verkaufen. Und es ist doch absolut logisch, dass ein gemischtes Team besser in der Lage ist, eine Zeitung für ein gemischtes Publikum zu machen. Bisher werden Zeitungen aber vor allem für Männer gemacht. Deshalb geht es darum, die Potenziale besser auszuschöpfen“, sagte Augstein. „Es geht mir um die Zeitung, nicht um die Frauen.“
Während nach seinen Angaben beim „Freitag“ 60 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt sind, sieht es beim „Spiegel“, bei dem Augstein Gesellschafter ist, deutlich schlechter aus. „Ich bin denen mit dem Thema schon ordentlich auf den Senkel gegangen. Und dort sind auch alle der Überzeugung, dass etwas für mehr Frauen in Führungspositionen getan werden muss – aber mit dieser Aussage enden die Gespräch dann auch.“
„Spiegel“-Redakteurin Elke Schmitter wollte sich deshalb auch erst gar nicht auf ein Science-Fiction-Experiment einlassen, wie sich der „Spiegel“ unter einer Chefredakteurin entwickeln würde. Fest stehe allerdings, dass in den Führungsebenen für mehr Pluralität gesorgt werden müsse, um die plurale Gesellschaft komplett abbilden zu können. „Eine Quote nervt, ist lästig und antidemokratisch. Aber die Realität nervt auch, ist lästig und antidemokratisch“, sagte Schmitter .
Um noch mehr Schlagkraft zu gewinnen, will sich die Initiative Pro Quote jetzt institutionalisieren. Am Samstag soll der Verein Pro Quote Media e.V. gegründet werden, „denn wir brauchen eine solide Basis, Mitglieder und Geld“, sagte Helene Endres von der Initiative. Ob von dem Geld dann auch Farbbeutel und Waffen gekauft werden, verriet sie nicht.
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