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Sein oder nicht sein. Die Kommissare Felix Voss (Fabian Hinrichs, li.) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) bringen dem Polizeipräsidenten (Stefan Merki) den Schädel.
© BR

Der neue "Tatort" aus Nürnberg: Fränkischer Kater - ein erstaunlicher Wurf

Zwei Kommissare, drei Fälle, viel Romantik: Im Franken-„Tatort“ mit Dagmar Manzel und Fabian Hinrichs ist Nürnberg schon in die Erste Liga aufgestiegen.

Sonntagabend, „Tatort“-Zeit. Normalerweise geht es da handfest zu, packend, geradlinig. Mord innerhalb der ersten sieben Minuten, Spurensicherung, Kommissare, die Theorien auslegen, feixen und ermitteln. Das tun die beiden Franken-Kommissare Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) in ihrem zweiten Fall gewissermaßen auch. Wenn Sie allerdings am Montag im Büro gefragt werden, was denn nun im Zentrum dieses neuen, ausgezeichneten „Tatorts“ stand, werden Sie vielleicht genauso mit den Achseln zucken wie der Rezensent.

Ja, okay, es gibt diesen ungewöhnlichen Titel: „Das Recht, sich zu sorgen“. Es gibt ein nahezu perfektes Verbrechen, dem die Kommissare erst mit viel Kombinationsgabe auf die Spur kommen. Es gibt eine Wirtin, die in ihrer heruntergekommenen Waldgaststätte von ihrer Tochter tot aufgefunden wurde, eine alte Mutter, die ihren vermissten Sohn sucht, und einen Schädel in der Universitäts-Anatomie, der nicht zum restlichen Skelett passt.

Und es gibt eine Szene, so ziemlich am Anfang dieses rätselhaften, elliptischen „Tatorts“, in der die preisgekrönte Autorin Beate Langmaack sich entweder einen bildungsbürgerlichen Spaß erlaubt oder, was wahrscheinlicher ist, eine Botschaft versteckt hat. Im Auto eines Verdächtigen, des Mannes der ermordeten Wirtin, findet und blättert Kommissar Felix Voss in E.T.A Hoffmanns satirischem Büchlein „Lebens-Ansichten des Kater Murr“. Das sind, Germanisten erinnern sich, zwei zunächst völlig getrennt scheinende Biografien, die des Katers Murr und die des Kapellmeisters Kreisler. Warum dieses Buch? Warum in Nürnberg? Und: Wer soll in diesem „Tatort“ denn der Kater sein?

Ein erstaunlicher Wurf, nicht nur für Germanisten

Gemach. Was in diesem Krimi anfangs zusammenhanglos erscheint – das Drama im Wirtshaus, die Unregelmäßigkeit mit dem Schädel in der Anatomie, die alte Frau, die vorm Polizeipräsidium campiert, um dagegen zu protestieren, dass die Polizei sich weigert, ihren vermissten Sohn zu suchen – scheint sich am Ende genauso zusammenzufügen wie die arabeskenhafte Verschlungenheit der beiden Lebensgeschichten im „Kater Murr“, die des spießbürgerlichen Katers und die des Kapellmeisters Kreisler.

Dem Bayerischen Rundfunk ist mit seinem Franken-„Tatort“ ein erstaunlicher Wurf gelungen, nicht nur für Germanisten. Sicher, es braucht noch etwas, bis man mit den beiden Kommissaren warm wird. Vielleicht soll man das auch gar nicht. Die erste Ausgabe vor einem Jahr gehörte mit über zwölf Millionen Zuschauern zu den erfolgreichsten „Tatorten“ der vergangenen 20 Jahre, was umso überraschender ist, wenn man bedenkt, dass die Theaterstars Dagmar Manzel und Fabian Hinrichs nicht unbedingt die Popularität haben wie andere „Tatort“-Kommissare, eine Heike Makatsch oder gar Til Schweiger.

Dieser erste Erfolg scheint den BR etwas übermütig gemacht zu haben. „Das Recht, sich zu sorgen“ ist ein durchaus sperriger „Tatort“. Ein Krimi für den zweiten Blick. Dass der „Tatort“ trotzdem wie aus einem Stück wirkt, liegt an den beiden Darstellern, der gelungenen regionalen Verankerung (Regie: Andreas Senn) und den Fällen, die berühren. Es geht um Einsamkeit, „Das Recht, sich zu sorgen“, im Grunde um die Frage, was Eltern schrecklicherweise alles bereit sind, für ihre Kinder zu tun. Grandios.

Im „Tatort“ ist Nürnberg schon in die Erste Liga aufgestiegen.

„Tatort - Das Recht, sich zu sorgen“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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