Mittelfinger von Yanis Varoufakis: #Fingergate: So erkennt man ein gefälschtes Video
Nach der Diskussion um das Varoufakis-Video mit dem gestreckten Mittelfinger bleibt noch eine Frage offen: Wie erkennt man überhaupt eine Fälschung?
Echt oder nicht echt? Nicht etwa der Schuldenschnitt für Griechenland wurde nach dem sonntäglichen Talk bei "Günther Jauch" weiterhin hitzig diskutiert, sondern vor allem die Frage: Ist das Video echt, in dem der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis den Deutschen 2013 einen Stinkefinger zeigt? Oder war der Einspieler bei "Günther Jauch" eine Fälschung? Varoufakis betonte in der Sendung und auch danach: Das Video sei ein Fake, der ausgestreckte Finger hineinmontiert. Zu Jauch sagte er: "That video was doctored! I never gave the finger. I’ve never given the finger ever." Das Team von Günther Jauch, ist sich dagegen sicher, dass das Video echt ist - und ließ das sogar per Pressemitteilung verbreiten.
Auch wenn Varoufakis selbst mittlerweile das "unverfälschte" Video des kompletten Vortrags aus 2013 getwittert hat - und dort ebenfalls ein gestreckter Mittelfinger zu sehen ist -, wirft der Vorgang eine weitere Frage auf: Wie überprüft man überhaupt die Echtheit von Videomaterial?
Das Bildrauschen als Fingerabdruck
Thomas Gloe, Geschäftsführer von „Dence, Fälschungserkennung bei digitalen Bildern, Videos und Audio“ kommt nach einer ersten Sichtung des Jauch-Einspielers zum Schluss, dass das Video "plausibel und authentisch" aussehe. Um aber eine endgültige Aussage treffen zu können, ob das Material gefälscht wurde oder nicht, ist eine aufwändigere Prüfung nötig. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärt Gloe, wie das funktioniert: "Ein Video wird als digitales Material aufgezeichnet. Da kommen verschiedene Spuren durch das jeweilige Gerät hinzu." Beispielsweise habe jedes Gerät, ob Smartphone, digitale Videokamera oder Digitalkamera, einen Sensor, der von dem eintreffenden Licht wird pro Pixel eine Messung mache, was Helligkeit und Farbe angeht.
"Da gibt es ganz geringfügige Unterschiede zwischen benachbarten Bildelementen, eine Art Defekt. Diese nimmt man als Rauschen war", erklärt der Experte. Ein Teil davon sei zufällig und einer ist mehr oder weniger stabil. Das könne man nutzen um zu sehen, ob alle Frames mit der gleichen Kamera aufgenommen wurden und ob das Rauschen in allen Teilen gleich vorgefunden wurde. "Wenn man etwa eine Person hineinmontieren würde, dann würde der Fingerabdruck des Rauschens nicht dazu passen", sagt Gloe. Er geht aber davon aus, dass das bei dem Video von Varoufakis nicht der Fall ist.
"Das Gesagte passt zum Gezeigten"
Die vorläufige Einschätzung teilen auch die Netzanalysten von "storyful". Die Langversion des Videos sei zudem vom Konferenzveranstalter in Zagreb selbst über dessen offiziellen Twitter-Kanal verbreitet worden: "Storyful found no evidence to suggest the video had been doctored."
Auch der Video-Analyst "Conflict Reporter" bestätigte der Redaktion von "Günther Jauch", dass er das Material "zu 99,9 Prozent für authentisch" halte. Für eine Fälschung gebe es keinerlei Indizien: "Kein neues Licht, keine veränderten Kamerawinkel, keine Schnitte – es gibt keinen Hinweis auf eine Manipulation." Zudem sei die gesamte Körperlichkeit von Varoufakis passend zur Geste. "Das Gesagte passt zum Gezeigten. Da hätte man ja sonst noch die Lippenbewegungen bearbeiten müssen." Dennoch: Zu hundert Prozent könne man sich aber nie sicher sein, was die Echtheit von Videomaterial betrifft, räumt Fälschungsexperte Gloe ein.