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Die Grünen-Politikerin Renate Künast wurde Opfer eine Falschmeldung. Sie entschied sich für eine Klage.
© Tsp

Fakten gegen Fakes oder besser Bußgelder?: Facebooks Pläne gegen Falschmeldungen

Facebooks Pläne zur Eindämmung von Fake News werden in Deutschland kritisch gesehen. Die SPD fordert jetzt eine Rechtschutzstelle und hohe Bußgelder.

„Mache Facebook zu deinem Facebook“, so lautet derzeit der Claim einer breit angelegten Kampagne mit Anzeigen im Fernsehen, in Zeitungen und Zeitschriften und auf Plakaten. Falschmeldungen, so genannte Fake News, passen ganz offensichtlich nicht zum Image, das Facebook von sich vermitteln will. In den USA hat Mark Zuckerbergs Firma nun eine Initiative gestartet, um dieses Problem in den Griff zu bekommen, ohne sich selbst einem Zensurvorwurf auszusetzen oder den Nutzer zu bevormunden.

Während die Kritik insbesondere in Deutschland an der zu laschen Löschpraxis beim Thema Hatespeech nicht nachlässt, reagiert Facebook bei Fake News erheblich schneller. Das Social Network steht insbesondere in den USA in der Kritik, weil die ungehinderte Verbreitung von Falschmeldungen über Facebook als ein Grund für den Ausgang der Präsidentschaftswahlen angesehen wird. Wegen der Bundestagswahl 2017 wird auch in Deutschland diskutiert, mit welchen Mitteln die Verbreitung von Fake News eingedämmt werden kann. Die am Donnerstag vorgestellten Maßnahmen gelten zunächst nur für die USA.

SPD über Haltung zu Fake News uneins

Bundesjustizminister Heiko Maas hatte sich am Donnerstag gegen gesetzliche Regeln für Fake News ausgesprochen und sich damit gegen entsprechende Forderungen von CDU- und CSU-Politikern gewandt. Doch damit liegt er nicht unbedingt auf SPD-Linie. Der „Spiegel“ wird in seiner neuen Ausgabe berichten, dass SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in Abstimmung mit Volker Kauder von der CDU ein Gesetz gegen Fake News in die Koalition einbringen wolle. Facebook solle dazu gezwungen werden, eine Rechtschutzstelle einzurichten, die an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden lang erreichbar wäre. Maas hatte sich hingegen dafür ausgesprochen, zunächst die vorhandenen gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen auszuschöpfen. Er wolle keine „Wahrheitskommission“ in Deutschland.

In Deutschland wurde die Grünen-Politikerin Renate Künast für eine Falschmeldung missbraucht. Über den mutmaßlichen Studentinnen-Mörder von Freiburg soll sie gesagt haben: „Der traumatisierte junge Flüchtling hat zwar getötet, man muss ihm aber trotzdem helfen.“ Künast stellte Strafanzeige gegen die Seite, die das falsche Zitat in Umlauf brachte.

Tabea Rößner, die medienpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, will die Entscheidung, was gelöscht werden soll und was nicht, nicht dem Gutdünken der Internetunternehmen überlassen. So drohe die Gefahr von Zensur. „Eine externe ,Fakten-Check-Organisation‘ ist daher eine Möglichkeit, der Rahmen muss aber zwingend gesetzlich vorgegeben werden“, sagte Rößner dem Tagesspiegel. Dazu gehöre eine unabhängig besetzte, redaktionelle Instanz, die nach presserechtlichen, die journalistischen Sorgfaltspflichten beachtenden Standards arbeitet und Neutralität wahrt.

Facebook setzt auf ein Modell, das aus drei Elementen besteht. Zunächst einmal soll es den Nutzern von Facebook erleichtert werden, mögliche Falschmeldungen zu melden. In den USA kommt nun als zusätzliche Kategorie der Hinweis auf mögliche Falschmeldungen hinzu. Die für Facebook schwierigsten Klippe, die es zu umschiffen gilt. betrifft die Bewertung der gemeldeten Posts. Das soll nun über externe Fakten-Checker erfolgen. Dabei kann es sich um darauf spezialisierte Organisationen oder auch um Medien wie Zeitungen oder TV-Sender handeln. Damit setzt Facebook Vorschläge um, wie sie unter anderem der amerikanische Publizist und Journalistikprofessor Jeff Jarvis kürzlich auch im Tagesspiegel gemacht hatte.

Beim Deutschen Journalisten-Verband wird die Facebook-Initiative jedoch kritisch gesehen. „Das Modell von Facebook, in den USA die Medien den Wahrheitsgehalt von tatsächlichen und vermeintlichen Fake News überprüfen zu lassen und dafür mit Klicks zu bezahlen, würden wir in Deutschland strikt ablehnen“, sagte Verbandschef Frank Überall dem Tagesspiegel. Den Faktencheck könnten nur gut ausgebildete und erfahrene Online-Journalisten durchführen. „Aber die Währung dürfen nicht Klicks sein, sondern harte Euros. Die Factchecker müssen ordentlich dafür bezahlt werden. Das ist das Mindeste, was Facebook tun kann, um das Image der viralen Dreckschleuder wieder los zu werden.“

Der Nutzer entscheidet

Im dritten Schritt erhalten Facebook-Nutzer, die gerade dabei sind, einen Fake-News-Artikel weiter zu verbreiten, einen Hinweis, dass es sich dabei nach den Ergebnissen der externen Prüfung um eine Falschmeldung handelt. Sie werden somit zwar nicht an der Weiterverbreitung gehindert, entscheiden sich aber bewusst gegen die auch für andere Facebook-Mitglieder sichtbare Warnung.

Doch damit nicht genug: Den professionellen Verbreitern von Falschmeldungen, die über die damit generierten Werbeerlöse auch noch Geld verdienen, will Facebook konsequenter die Einnahmenquellen austrocknen, erklärte der zuständige Facebook-Manager Adam Mosseri in einem Blogeintrag.

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