Urteil des Oberlandesgerichts München: Facebook muss beim Kommentar-Löschen Meinungsfreiheit beachten
Was wiegt schwerer: Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit oder das virtuelle Hausrecht von Facebook?
Facebook darf nach einer einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts München beim Löschen von Kommentaren der Meinungsfreiheit seiner Nutzer keine engeren Grenzen setzen, als staatliche Stellen dies dürften. Vor Gericht ging es um eine umstrittene Äußerung der bayerischen AfD-Politikerin Heike Themel, die von Facebook mit Verweis auf die eigenen Gemeinschaftsstandards gelöscht wurde. Mit der Löschung der Äußerung habe Facebook seine Vertragspflicht verletzt, auf die Rechte der Nutzerin Rücksicht zu nehmen, insbesondere ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit, heißt es in der Verfügung (Az.: 18 W 1294/18).
Themel war in einer hitzig geführten Debatte um einen Bericht über österreichische Grenzkontrollen auf Facebook als „Nazischlampe“ bezeichnet worden. Sie hatte daraufhin einer Anwenderin, die diese Äußerung mit einem „Like“ unterstützt hatte, unter anderem geschrieben: „Ich kann mich argumentativ leider nicht mehr mit Ihnen messen. Sie sind unbewaffnet und das wäre nicht besonders fair von mir.“
"Virtuelles Hausrecht" reicht nicht
Das OLG München entschied nun, es wäre mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, wenn Facebook „gestützt auf ein „virtuelles Hausrecht“ (...) den Beitrag eines Nutzers (...) auch dann löschen dürfte, wenn der Beitrag die Grenzen zulässiger Meinungsfreiheit nicht überschreitet.“ Facebook hat sich in seinen Geschäftsbedingungen das Recht vorbehalten, Kommentare zu löschen, „wenn wir der Ansicht sind, dass diese gegen die Erklärung oder unsere Richtlinien verstoßen“. Das OLG erklärte, diese Bestimmung benachteilige die Nutzer auf unzulässige Weise, weil sie die Löschung von Kommentaren letztlich ins freie Belieben von Facebook stelle.
Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel, der die AfD-Politikerin vertrat, wertete die einstweilige Verfügung „als Meilenstein im Kampf um die Meinungsfreiheit in den sozialen Medien“. Facebook erklärte, es werde die Verfügung prüfen. dpa/Tsp
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