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Thomas, der Baumeister. Gottschalk renoviert für den Quotenerfolg.
© dapd

Star und Sender: Endstation für Thomas Gottschalk

Die ARD kann sich ein Ende von "Gottschalk live" leisten, nicht aber das Scheitern von Gottschalk im Ersten.

Er kam, sah und verlor. Das ist die Geschichte von Thomas Gottschalk und seiner Vorabendshow im Ersten. Ausgerechnet des Fernsehlieblings treuester Bündnispartner, das Publikum, hat Gottschalk verlassen. Am Montag interessierten sich 1,41 Millionen, am Dienstag 1,21 Millionen, am Mittwoch 1,22 Millionen Zuschauer. Für das Publikum, dem Zielpunkt einer jeden Sendung in der Werbezone, macht der Falsche die falsche Show zur falschen Zeit.

Jetzt hat „Gottschalk live“ einen Redaktionsleiter, die Struktur wurde verändert, statt der Redaktion sitzen du und ich im Studio. Die entscheidende Frage bleibt: Schafft Gottschalk einen derartigen Aufschwung, dass aus der allseitigen Blamage ein doch noch zufriedenstellendes Ergebnis wird? Der Vertrag ist auf drei Jahre angelegt, im April kann die ARD den Stecker ziehen, wenn bis dahin nicht zehn Prozent Marktanteil im Schnitt erreicht sind. Dann wäre im Juni Schluss.

Im April wird der Stecker nicht gezogen. „Es wäre ja auch unsinnig, zeitgleich mit dem Relaunch der Sendung ,Gottschalk Live’ deren vorzeitiges Ende zu beschließen“, sagte die ARD-Vorsitzende Monika Piel. Sie ist zugleich die Intendantin des Westdeutschen Rundfunks (WDR), dessen Werbetochter maßgeblich für Redaktion und Finanzierung von „Gottschalk live“ verantwortlich ist. Die Sendung wird nicht über Gebühren, sondern über Werbung finanziert, die sie – und hier wird’s ironisch – Insidern zufolge nicht verdient. Ein Zuschussgeschäft.

Der WDR als größte und finanziell potenteste ARD-Anstalt ist der Ansager unter den neun Landesrundfunkanstalten, Intendantin Piel eine Art „Iron Lady“ des Senderverbundes. Gegen den WDR geht wenig bis nichts in der ARD. „Gottschalk live“ bleibt im Ersten. Nur wie lange, das ist die eine Frage, die andere, was passiert dann mit dem früheren Quotenkönig?

Die ARD und ihre Mitarbeiter leiden zusehends unter den negativen Schlagzeilen. Das Kritiker-Gemotze halten sie schon aus, das sind sie mit „Rote Rosen“ oder „Musikantenstadl“ gewohnt, aber just diese Produktionen garantieren Zuschauerzufriedenheit und stabile Quoten. Der Misserfolg mit „Gottschalk live“ geht gegen die eigene Professionalität. Was kann das Erste Deutsche Fernsehen wirklich, wenn es selbst mit einem Gottschalk nichts Erfolgreiches anfangen kann? Also: Ein Ende mit Schrecken oder ein Schrecken ohne Ende mit „Gottschalk live“?

In die ARD hineingehört, wird die asiatische Lösung, jene der Gesichtswahrung angestrebt. Das mögliche Ende mit Schrecken soll möglichst mit einem Neuanfang verbunden werden. Für die ARD ist es ein bislang nicht denkbarer Gedanke, dass sie einen Entertainer erst zum Verglühen bringt und dann „endlagert“. So etwas bliebe nicht ohne Folgen, das wird jeden Halb- oder echten Star vor die Frage bringen, ob ein Engagement bei der ARD nicht mit dem eigenen Scheitern verbunden ist. Vor Gottschalk war Harald Schmidt, nach Gottschalk ist ...?

Gottschalks Biografie ist reich an Aufs und Abs. „Wetten, dass..?“, dieser überragende Erfolg, wird konterkariert mit zahlreichen kleinen Misserfolgen vornehmlich im Privatfernsehen, bei RTL und Sat 1. Thomas Gottschalk ist jetzt 61. Das ZDF hat er aus einsehbaren Gründen verlassen, beim Sender meinen einige, er hätte das Zweite gar im Stich gelassen. Eine Rückkehr zum ZDF ist undenkbar, auch hier greift das Argument der Gesichtswahrung.

Bei RTL und Sat 1 stoßen schon die Anfragen auf Verwirrung: „Dieser alte Mann und das Privatfernsehen?“, lautet eine Antwort, oder „Der Gottschalk hatte seine Zeit“ eine andere, die brutale.

Die ARD ist, so gesehen, die Endstation für Thomas Gottschalk. Entweder findet er hier sein (neues) Millionenpublikum, oder er kann sich – mangels Senderalternative – gar nicht mehr auf die Suche danach begeben. Gottschalk im Ersten, das ist ein Endspiel.

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