Porträt von Dominik Maringer: Einer von ihnen
"Dieser Typus des perfekt gestylten, glatten Politikers": In „M - Eine Stadt sucht einen Mörder“ schlüpft Dominik Maringer in die Rolle eines Rechtspopulisten.
Dominik Maringer dreht in Wien. Er trägt Anzug, ist glattrasiert, sitzt viel in Autos und in einer gut beheizten Altbauwohnung. Auf dem Drehplan: die Serie „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, David Schalkos Neuauflage des Klassikers von Fritz Lang, die seit Samstag beim RTL-Streamingdienst TV Now zu sehen ist. Maringer spielt einen österreichischen Innenminister, der eine Reihe von Kindermorden für seine rechtspopulistische Politik benutzt. Eine Rolle, die beim Schauspieler sofort Assoziationen an Kanzler Sebastian Kurz geweckt hat.
Zur Vorbereitung studierte er seine Auftritte, auch Reden von Haider, Lindner und Macron. „Es ging mir um diesen neuen Typus des perfekt gestylten, glatten Politikers, der einen Staat oder eine Partei wie ein Manager lenkt“, sagt Maringer. „Die politische Überzeugung scheint denen nicht so wichtig, es geht vielmehr um Macht und Machertum.“ Beim Dreh habe er dann bewusst keine Politiker-Parodie gespielt. „Das wäre viel zu harmlos und platt.“
Ein paar Tage vorher saß der Schauspieler in einem Helikopter, der hinauf in die Südtiroler Alpen fliegt, bis auf 3700 Meter. Sein Körper beginnt zu pumpen. Es ist Ende Januar 2018 in Südtirol, gefühlt minus 20 Grad. Maringer ist auf dem Weg zum Drehort des Kinofilms „Manaslu – Berg der Seelen“. Er spielt einen Bergsteiger mit struppigem Bart, der beim Abstieg vom Blitz getroffen wird. In einer Szene muss er tot im Schnee liegen.
Langweilig wird es nicht im Leben von Dominik Maringer. Seit vier Jahren wohnt er in Berlin – weit weg von den ländlichen Gefilden, aus denen er stammt. 1982 zog der vierjährige Dominik mit seinen Eltern in ein Haus auf dem Land. Aus dem eh schon beschaulichen Vöcklabruck ging es in die noch dörflichere Ortschaft Mittereinwald. „Das ist schon sehr behütet gewesen, elf Häuser direkt am Wald“, sagt er.
Irgendwann will Dominik Maringer zurück in diese Bullerbü-Idylle. „Es ist immer eine Sehnsucht geblieben, dass ich auf dem Land lebe und ein paar Tiere habe, wie wir sie hatten. Ich möchte das sofort, aber es ist nicht machbar“, sagt er. Als Schauspieler muss er sich zeigen, sich verkaufen, auf Filmfestivals gehen, Leute kennenlernen und Beziehungen pflegen, gerade jetzt auch zum Hype um diese neuen Streamingserie zum Thema Politik und Rechtspopulismus.
"Man will sich schließlich nicht in schlechtem Licht erscheinen lassen“
Maringer empfängt zum Interview in seiner Altbauwohnung in Prenzlauer Berg. Stuck an der Decke, Familienbilder an den Wänden – Maringer ist angekommen in Berlin. Wenn er sich unterhält, sucht er den Blickkontakt zu seinem Gegenüber. Seine Augen sind blaugrün und ein bisschen traurig. Eine lange, markante Nase, meist nur ein verhaltenes Lächeln auf den Lippen. Der Schauspieler hat ein Gesicht, dass sich als Projektionsfläche eignet.
Ob er während des Interviews in eine Rolle schlüpft so wie bei diesem österreichischen Politiker vor der Kamera? Nein, sagt Maringer, jedenfalls nicht bewusst: „Sicher spielt man immer irgendwelche Rollen. Man will sich schließlich nicht in schlechtem Licht erscheinen lassen.“
Die Serie „M…“, die auf der Berlinale Premiere gefeiert hat, liegt ihm wegen der politischen Dimension am Herzen. Sie beschäftigt Maringer, sowohl mit Blick auf Deutschland als auch auf Österreich. „Wenn man sich die Parallelen so ansieht, dann habe ich das Gefühl, dass Österreich schon 15 Jahre weiter ist. Genau die Mechanismen, die in der österreichischen Politik falschgelaufen sind, laufen in der deutschen auch gerade falsch.“
Für „M…“ ist er zurückgekehrt in seine Heimat, mit gemischten Gefühlen, schließlich ist der Rechtsruck auch in Oberösterreich angekommen. Rund 27 Prozent haben dort die FPÖ gewählt, das österreichische Pendant zur AfD. Maringer kennt beinahe jeden im Dorf. „Da kann ich mir natürlich ausrechnen, wer das ungefähr war.“ Dennoch bleibt Mittereinwald ein Sehnsuchtsort für ihn. Seine Mutter und seine Schwester leben noch in dem Haus, in dem er aufgewachsen ist.
Für die Ausbildung an der Schauspielschule ist Dominik Maringer mit 19 nach Hamburg gegangen. „Für mich war es immer wie ein Makel, dass ich vom Land komme. Ich kam mir vor wie der letzte Bauer“, sagt er. Maringer bezeichnet sich selbst als Perfektionisten. Allzu akribisch habe er zu Beginn der Karriere seine Texte auswendig gelernt. „Doch dadurch sind die Texte tot gewesen.“
Diese Akribie hat er sich in Jugendjahren antrainiert, als er noch Geiger werden wollte. Bis er gemerkt hat: Seine Auftrittsangst ist im Konzertsaal zu groß. Auch beim Theater gehört das Auftreten dazu, da war von Angst nichts mehr zu spüren. „In dem Moment, in dem ich auf der Bühne stand, hab ich’s richtig genossen“, erinnert er sich.
„Die Energie war nicht destruktiv, sondern eher so, als ob man surft und dann abhebt.“ Nach Engagements in Graz und Hannover ist Maringer seit vier Jahren als selbstständiger Schauspieler in vielen Medien zu Hause. Theater macht er immer noch, auch Film, Fernsehen, Musikkabarett, Lesungen, hin und wieder ein Hörspiel. Im Wiener „Tatort“ war er mit dabei, aber auch bei „In aller Freundschaft“ oder in der Bestseller-Verfilmung „Gut gegen Nordwind“, jetzt eben die Serienrolle des populistischen Innenministers. Ein Karrieresprung, genau zur rechten Zeit.
In seine Heimat kehrt er vier, fünf Mal im Jahr zurück, um seine Mutter und seine Schwester in Mittereinwald zu besuchen. Dann sprechen ihn die Nachbarn auf die TV-Rollen an, in denen sie ihn gesehen haben. „Die finden das lustig. Ich find’s eher schade. Da wird man auf einmal als Schauspieler definiert.“ Früher war er einfach einer von ihnen.
„M – eine Stadt sucht einen Mörder“, sechs Teile beim RTL-eigenen Streamingdienst TV Now
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