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Michael Wulf wird am 1. Oktober Chefredakteur des RTL-Informationsbereiches
© RTL

Nachrichten bei RTL: "Ein Märchen, junge Menschen würden sich nicht mehr für Politik interessieren"

Der neue RTL-Chefredakteur Michael Wulf setzt weiter auf den "unbedingt glaubwürdigen" Chefmoderator Peter Kloeppel. Und auf leise Töne.

Herr Wulf, Sie werden Chefredakteur von „RTL aktuell“. Welche Veränderungen haben Sie vor?

Seit über fünf Jahren führe ich infoNetwork, bin seit zehn Jahren geschäftsführender Chefredakteur von RTL und arbeite seit über zwei Jahrzehnten eng mit Peter Kloeppel. Wir haben den Informationsbereich des Senders aufgebaut. Mein Ziel ist es, diesen Erfolg fortzusetzen. Gute Nachrichten, die informieren, aber auch journalistisch fundiert einzuordnen, werden in der weiter wachsenden Flut der verfügbaren Informationshappen immer wichtiger.

„RTL aktuell“ um 18 Uhr 45 ist die erfolgreichste Hauptnachrichtensendung in der Zielgruppe der 14- bis 59-Jährigen, vor der „Tagesschau“ um 20 Uhr, vor „heute“ um 19 Uhr. Was sind die Gründe: das Programmumfeld mit Boulevard und Soap, die Auswahl der News, die Präsentation?

Journalistisches Handwerk, verbunden mit einer für die Zuschauer relevanten Themenauswahl. Hinzu kommen verständliche Aufbereitung und Präsentation durch einen Kopf wie Peter Kloeppel, der dem Publikum vertraut und unbedingt glaubwürdig ist. Mit unseren Angeboten sind wir neben dem Fernsehen auf allen Plattformen präsent, egal wann und wo der Zuschauer von uns informiert werden will.

Gibt es klare Unterschiede zwischen „privaten“ und „öffentlich-rechtlichen“ Nachrichten?

Die Nähe zur Lebenswelt der Zuschauer scheint mir bei uns seit jeher eine größere zu sein. Wir geben nicht nur wieder, wer was in Berlin oder Brüssel entschieden hat, sondern versuchen herunterzubrechen, was es für den Einzelnen bedeutet. Auch zeigen wir, dass es ein Märchen ist, wenn behauptet wird, junge Menschen würden sich für Politik oder Gesellschaft nicht mehr interessieren.

Der Privatsender RTL setzt stärker auf Information als in früheren Jahren. Wird es deswegen mehr Formate geben? Die „nachrichtenlose“ Zeit zwischen 18 Uhr 45 und dem „Nachtjournal“ um Mitternacht ist doch sehr lang.

Wir haben mit unseren Nachrichten und Magazinen eine tägliche Programmstrecke von gut fünf Stunden, angefangen bei „Guten Morgen Deutschland“ um sechs Uhr über „Punkt 12“ bis hin zu „RTL aktuell“ und dem „Nachtjournal“. Wenn es zwischen unseren Hauptnachrichten und Mitternacht Ereignisse gibt, die eine Sondersendung rechtfertigen, nehmen wir sie kurzfristig ins Programm, Auch Formate wie „Das Jenke-Experiment“ oder „Team Wallraff“ finden am Hauptabend statt. Das ist viel Programmfläche, die wir gut bespielen sollten, bevor wir über mehr nachdenken.

Der bisherige Chefredakteur Peter Kloeppel bleibt Chefmoderator von „RTL aktuell“. Was wird er sonst machen? Gibt es weitere personelle Veränderungen?

Neben seiner Moderation von „RTL aktuell“ wird sich Peter Kloeppel Reportagen widmen, aktuell in Vorbereitung ist eine zur sogenannten Starfighter-Affäre in den 1960er Jahren, zu der RTL im kommenden Frühjahr auch einen eigenproduzierten Spielfilm ausstrahlen wird. Antonia Rados ist weiterhin unsere Chefreporterin im Ausland. Ihr kürzliche Reportage „Inside IS" hat wieder für gute Zuschauerresonanz und einige Aufmerksamkeit gesorgt. Gleichzeitig bauen wir junge Reporter und Moderatoren auf.

Zur RTL-Information bei RTL gehören auch Formate wie „Undercover Deutschland“ oder „Team Wallraff“. Gilt da der Spruch: Wenn die NSA undercover arbeitet, ist es Spionage, wenn RTL-Reporter undercover arbeiten, ist es Recherche?

Es macht wohl einen Unterschied, ob es um rein private Daten geht oder wie bei "Team Wallraff" um eklatante Mißstände bei tagtäglichen Arbeitsbedingungen vieler Menschen im Land, die selbst vielleicht nie gehört werden. Undercover-Einsätze gehören zu unserer journalistischen Klaviatur dazu, wenn man ein Thema anders nicht wasserdicht bekommt. Unser Antrieb ist auch hier die Relevanz für die Zuschauer, übrigens auch die jungen.

Warum sind diese Sendungen so alarmistisch, so marktschreierisch aufbereitet?

Pauschal würde ich das nicht bestätigen. Manchmal muss man vielleicht etwas trommeln, um für ein nicht so ganz leichtes Thema zu interessieren. Aber wir haben auch gelernt, dass bei starken Themen wie zuletzt die Zwischentöne etwas leiser sein können. Es gilt immer wieder, die richtige Balance zu treffen.

Michael Wulf wird zum 1. Oktober Chefredakteur des RTL-Informationsbereiches. Der 55-jährige Journalist arbeitet seit 1989 für den Privatsender. Mit Michael Wulf sprach Joachim Huber.

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