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Andrea Kiewel, Dirk Steffens (rechts) gehen Christian Rach.
© dpa

Koch-Show: Ein bisschen Dschungelcamp

Christian Rach tischt jetzt im ZDF auf – mit einem „Ernährungsspezial“. Beim Einstiegs-Smalltalk flattern dem Show-Novizen ein bisschen die Nerven.

Dann kommt Christian Rach schließlich die Stufen herunter. Die Treppe als eine Showtreppe und ihn als einen Showmaster zu bezeichnen, wäre ein bisschen übertrieben. Es geht auch nicht um eine glamouröse Samstagabend-Show, sondern um ein zweiteiliges „Ernährungsspezial“, das in der Hamburger Fischauktionshalle mit rund 400 Zuschauern aufgezeichnet wird. Die haben beim Warten auf den Einlass Zellophantütchen mit verschiedenen Chips-Sorten zum Probieren bekommen. Die Tüten mit einem aufgedruckten A wurden meistens halb voll liegen gelassen. Dann wird darauf hingewiesen, im Zweifelsfall noch einmal die Toilette zu benutzen, denn in den nächsten drei Stunden wird das nicht möglich sein. In der Halle, in der sich sonntags früh die Touristen wegen des Hamburger Fischmarkts drängen und die bei Musikbands für ihre schlechte Akustik bekannt ist, steigt langsam die Spannung. Alle warten nun schon über eine Stunde auf den Gastgeber.

„Wie ungesund sind viele Kinderprodukte?“

Der Sternekoch, Unternehmer, Buchautor und Restauranttester Christian Rach gibt seinen Einstand beim ZDF. Wer seine Sendung „Rach deckt auf!“ gesehen hat, die seit dem vergangenen Sommer bei RTL lief, weiß allerdings in groben Zügen, was ihn erwartet: Ein kritischer Blick auf Deutschlands Essensgewohnheiten und Recherchen an der Lebensmittelfront.

Dazu wurden mithilfe eines Meinungsforschungsinstituts 50 Fragen zum Thema Essen und Trinken gesammelt, wie etwa „Ist das Fleisch vom Metzger besser als das abgepackte vom Supermarkt?“ oder „Wie ungesund sind viele Kinderprodukte?“ Um Antworten zu finden, hat sich Christian Rach unter anderem „ergebnisoffen“ nach Norwegen aufgemacht um zuzuschauen, wie junge Lachse geimpft werden, und dann in einer Thüringer Truppenküche hundert nichtsahnenden Soldatinnen und Soldaten vegane Currywurst aufgetischt. Darum sitzen jetzt im Publikum auch einige Angehörige der Bundeswehr in Uniform und klatschen freundlich.

Doch zunächst kommt Rach mit einer Schweinehälfte über der Schulter besagte Treppe herunter und begrüßt seine zwei Ko-Moderatoren. Andrea Kiewel kennt man aus dem ZDF-„Fernsehgarten“ und den Wissenschaftsjournalisten Dirk Steffens aus Sendungen wie „Terra X“. Beim Einstiegs-Smalltalk flattern dem Show-Novizen ein bisschen die Nerven. Kiewel will gerade noch scherzen, dass Frauen solche Sachen wie Schweinehälftentragen bei Männern toll finden, als Rach die beiden mit etwas stierem Blick fragt: „Habt ihr eine Beziehung zum Essen?“ Und der Lebensmittelchemiker, Professor Guido Ritter, bekannt aus dem ARD-„Morgenmagazin“, streckt ihm zunächst vergeblich seine Hand zur Begrüßung entgegen.

Doch spätestens als es um das überraschende Einkaufsverhalten einer Gruppe Vorschüler geht, ist das Eis gebrochen. Die Kinder rollern mit ihren Einkaufswagen herein. Dazwischen muht eine schwarz-weiß gefleckte Kuh, die in einem Gatter in der Dekoration steht. Von den zwei Schweinen gegenüber hört man eher wenig. Stattdessen lässt sich bald ein Metzger mit einer Knochensäge vernehmen, der eine Schweinehälfte zerlegt. Als es um die genaue Beschreibung der Einzelteile geht, ist Rach ganz in seinem Element und fasst beherzt ins rohe Gekröse.

Immer wieder entsteht auch ein bisschen Dschungelcamp-Atmosphäre, wenn Fischfutter probiert, frittierte Hühnerkralle geknabbert oder alternative Snacks wie schimmelzersetzte Maden präsentiert werden. Die alternativen Chips, die am Anfang niemandem geschmeckt haben, waren übrigens Tomatenwaffeln. In Tütchen B und C befanden sich Kochbananenchips und Brotchips. Jeder der Moderatoren bekennt auf seine Art, dass er gern Kartoffelchips isst, und man hat dabei ein bisschen das Gefühl, einer Säkularbeichte beizuwohnen.

„Wir wollen auf keinen Fall belehrend sein oder aus einer moralischen Überlegenheit heraus argumentieren“, sagt Christian Rach. Und dadurch, dass mit den Ko-Moderatoren ein Dialog entstehe, sei „die Gefahr eines pädagogisch erhobenen Zeigefingers auch eher gering“. Tatsächlich gelingt Rach stets diese Mischung aus väterlicher Strenge und unvoreingenommener Neugier. Sei es das Experiment mit der Veggie-Wurst bei den Thüringer Soldaten oder die Frage, was mit Lebensmitteln passiert, die man drei Wochen bei Zimmertemperatur liegen lässt – die Ergebnisse präsentiert er stets ohne Häme oder Besserwisserei.

Etwas durchgefroren und hungrig verlassen die Zuschauer gegen 21 Uhr die Fischauktionshalle. Kartoffelchips und Bier gibt es eben nur am heimischen Fernsehbildschirm.

„Rach tischt auf!“, ZDF, Donnerstag, 20 Uhr 15

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