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Melanie Müller, Jochen Bendel, Larissa Marolt, Julian F.M. Stoeckel, Marco Angelini, Mola Adebisi, Tanja Schumann und Winfreid Glatzeder.
© RTL

Dschungelbuch (3): Dschungelcamp: Wenn asozial sozial wird

Die dritte Dschungelcamp-Folge "überraschte" mit einem Porno- und Sexshopdialog - pünktlich zur Werbepause. Doch die Sendung wird längst von der Livekommentierung in den sozialen Netzwerken überstrahlt. Gekämpft wird mit 140 Zeichen.

Die Dramaturgie des Dschungelcamps ist verbraucht. Die Dauervermarktung der Kandidaten, ihre dezent platzierten Beichten und ihr suchtvolles Streben nach den nächsten, oder den ersten, 15 Minuten Ruhm sind ein nötiges Übel für das, worauf es bei Sendung "Ich bin ein Star holt mich raus" eigentlich ankommt: dass über sie gesprochen wird. Der Pappmaché-Dschungel bedient sich in der mittlerweile achten Staffel erprobter Muster. Die archetypisch durchdeklinierten Planstellen sind in diesem Jahr wieder besetzt. Die Dramaturgie folgt dem Schema F der neupopulären Fernsehkultur.

Das Model Larissa dominiert die "Handlung"

Die dritte Folge, soweit können dann sogar Moderatoren und Camp-Insassen zählen, beginnt mit der Exposition und der Vorstellung der Hauptprotagonisten der aktuellen Sendung. Wie in den vergangenen Tagen dominiert das Model Larissa die "Handlung". Als Antagonistin wird ihr dieses Mal Bachelor-Kandidatin Melanie zur Seite gestellt.

Die "dramatischen" Konflikte - als Auslöser muss eine arme Spinne herhalten - kündigen sich an. Die negative Gruppendynamik wird im zweiten Akt der Sendung weiter ausgebaut und eskaliert pünktlich zum Werbeblock. Ein Porno- und Sexshopdialog rund um Melanie ist dann im wahrsten Sinne des Wortes die Klimax der Folge.

Die Dschungelprüfung wirkt dabei wie etwas, das man, der Tradition des Formats geschuldet, noch abhaken muss: Eine repetitive Handlung, deren Wiederholungscharakter dadurch verstärkt wird, dass Möchtegern-Model Larissa bereits zum dritten Mal zur Prüfung antreten "darf".

Nach sieben Staffeln ist das Prinzip bekannt

Das Happy-End bleibt in diesem Drama, Quotendruck sei Dank, selbstverständlich aus. Zwei Wochen lang geht das so - vermutlich auf ewig mit Frau Marolt in der Dschungelprüfung. Wiederholung als Stilmittel. Nach sieben Staffeln ist das Prinzip bekannt. Kandidaten und Dschungelprüfungen sind austauschbar, ohne dass es dadurch nennenswerte Effekte gäbe. Das System Dschungelcamp ist autopoietisch: Es erhält sich selbst.

„Ich bin ein Star holt mich hier raus“ lebt nicht mehr von den Ekelprüfungen, sondern vom Second Screen, der Livekommentierung in den sozialen Netzwerken. 30.000 Tweets gingen allein bei Folge zwei unter dem Schlagwort "IBES" bei Twitter ein. Tendenz steigend. Die Sendung ist Beiwerk. Sie polarisiert dermaßen, dass sich die Netzgemeinde, die ohnehin keine Gemeinde sein will, in zwei Lager aufspaltet. Die Dschungelcamp-Süchtigen und jene, die diese am liebsten in die Geschlossene einweisen würden. Gekämpft wird mit 140 Zeichen. Was bleibt ist die Währung, die für den Sender RTL und die Camp-Insassen zählt: Aufmerksamkeit.

So wird - sowohl am Schnittplatz als auch auf dem heimischen Sofa - der Dissens als Sinn der Kommunikation glorifiziert. Für die Zielgruppe steht die Diskussion im Fokus. Das Dschungelcamp ist nur der Auslöser für die Debatten in den sozialen Netzwerken, die längst die Sendung überstrahlen. Aus Asozial wird so sozial.

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