Videotext: Die Welt in der Austastlücke
Der Videotext kann sich auch 30 Jahre nach dem Start beim Zuschauer behaupten.
Im schwarzen Loch des Fernsehbildes ist gut senden. Dort, wo die Austastlücke ist, weil von 625 Bildzeilen nur 576 für die Übertragung genutzt werden, strahlt der Teletext. In Deutschland heißt er Videotext. ARD und ZDF, die den Service am 1. Juni 1980 starteten, hatten diesen Namen gewählt, um Verwechslungen mit den damaligen Teletextdiensten zu vermeiden. Mittlerweile verfügen fast alle überregionalen und regionalen Programme, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, über eigene Videotexte.
Beim Inhalt gibt es übereinstimmende Schnittmengen, meist werden das Fernsehprogramm und passende Zusatzinformationen, aktuelle Nachrichten aus verschiedenen Bereichen von Politik über Wetter bis zu Verkehr geboten, aber auch Untertitel für Hörgeschädigte angeboten. Viele Privatsender haben auch Werbung auf den Seiten. Die Reihenfolge der Seiten ist senderübergreifend gleich: Seite 100 ist die Startseite, mit Seite Seite 110 ff. starten die Nachrichten, ab 200 gibt es Sport, ab 300 das TV-Programm. Mit Seite 899 ist Schluss, moderne Fernsehgeräte können mehr als 2000 Seiten plus Unterseiten speichern.
Am Jahresende 1980 gab es 70 000 Haushalte in der Bundesrepublik mit videotextfähigen Geräten. Bis Ende 1983 stieg die Zahl auf rund eine halbe Million, 2008 waren es 33,49 Millionen Apparate. Im DDR-Fernsehen wurde der Videotext nach der Wende im Mai 1990 eingeführt. Heute nutzen fast 16 Millionen Zuschauer in Deutschland täglich den Text. Ihre durchschnittliche Verweildauer beträgt rund fünf Minuten.
Das erfolgreichste Teletextangebot hat das Erste: Der ARD-Text wurde mit einem Marktanteil von 15,7 Prozent im Jahr 2009 von allen Angeboten am meisten genutzt. Am wichtigsten waren den durchschnittlich 5,40 Millionen täglichen Besuchern dabei aktuelle Nachrichten, Börse, Programminformationen und Sportergebnisse, allen voran am Samstag die Bundesligaseite 251. Nach dem ARD-Text folgt 2009 RTL mit 14,6 Prozent vor dem ZDF mit 12,7 Prozent, Sat 1 mit 10,5 Prozent, n-tv mit 4,8 Prozent, Pro Sieben mit 3,7 und RTL 2 mit 3,2 Prozent.
Das Prinzip des Videotextes ist auch nach 30 Jahren unverändert. Der Nutzer kann unabhängig vom laufenden Programm Informationen abrufen. Optisch und technisch hat sich der Videotext seit dem Start kaum verändert hat. Nach wie vor stehen nur 800 Seiten mit Unterseiten, sechs Farben und 23 Zeilen à 40 Zeichen zur Verfügung. „Klötzchengrafik“, so ist die Anmutung. Seit einigen Jahren kann der Videotext auch im Internet und von mobilen Endgeräten genutzt werden.
Die ungebrochene Stärke des Videotextes basiere auf seiner „Beschränktheit“ auf kurze Informationen und auf seiner „Eindeutigkeit“, sagte Frauke Langguth, Leiterin des ARD-Textes in Potsdam. wo der Rundfunk Berlin-Brandenburg für den Senderverbund das Angebot produziert. Auch die technische Verbesserung der Fernsehapparate hält Langguth nicht für bedrohlich. „Dass mehr und mehr TV-Geräte demnächst mit Internetzugang ausgestattet sind, ist aus unserer Sicht eine spannende Entwicklung“, sagte Langguth. „Aber das Fernsehen bleibt ein Medium fürs Sofa, nicht für den Schreibtisch. Um sich weiterhin kurz zu informieren, was los ist, bleibt der Videotext ideal.“
Mit dem neuen Standard HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV) zeichnen sich auch für den Videotext neue Möglichkeiten ab. Hybride Fernsehgeräte kombinieren das TV-Signal mit dem Internetübertragungsweg. Dadurch können Grafiken und Schriften optimiert und der Videotext barrierefrei gestaltet werden. Und das alles in der Austastlücke.