Zum Geburtstag: Die Vorschlägerin
In ihrer Sendung macht sie Bücher zu Beststellern, trotzdem versteht sich Elke Heidenreich nicht als Literaturkritikerin. Heute feiert sie ihren 65. Geburtstag.
Sie weiß vermutlich selbst nicht, wie oft sie schon erklärt hat, was es mit ihrer Sendung „Lesen!“ auf sich hat: „Ich mache dort keine Literaturkritik, das ist in der Kürze der Zeit gar nicht möglich, sondern ich gebe Empfehlungen.“ Elke Heidenreich, die heute ihren 65. Geburtstag feiert, bekennnt sich freimütig zur Buchtipphaftigkeit ihrer Sendung. Ihr geht es hier nicht zuerst um kluge Gedanken, die man sich nach der Lektüre von Büchern machen könnte, um das Wechselspiel von literarischer Form und Buchinhalt, sondern um die Leidenschaft beim Lesen; und diese Leidenschaft, diese Begeisterung, mit der sie selbst liest, will sie ihrem Publikum vermitteln. „Ein Buch muss fesseln, alles andere zählt nicht“, hat sie einmal in einem Aufsatz für den Tagesspiegel geschrieben: „Fast hat mir die Germanistik damals das Lesen so verleidet, wie manche Kritiker versuchen, es mir zu verleiden. Da werden Geschichten zu ,Texten‘ und Texte werden ,dekonstruiert‘, bis ihre Bedeutung verdampft und die Leselust gleich mit.“
Was ein Großteil der Literaturkritik jedoch stört, vielmehr wurmt, ist der durchschlagende Erfolg, den Elke Heidenreich seit der ersten „Lesen!“-Ausgabe am 29. April 2003 auf dem Buchmarkt hat. Zwei, drei Sätze von ihr über einen Roman bewirken beim Publikum viel mehr als ganzseitige Feuilletonbesprechungen: Jede „Lesen!“-Sendung generiert mindestens zwei Bestseller. Auch deshalb sagt „FAZ“-Herausgeber Frank Schirrmacher: „Vor Elke Heidenreich hat es niemals eine so machtvolle Literaturkritikerin gegeben, auch nicht im 20. Jahrhundert.“
Mit ihrer glaubwürdigen Spontanität, ihrer Authentizität versöhnt Heidenreich zwei Medien, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Das Fernsehen ist kein guter Ort für die Vermittlung von Literatur. Aber dadurch, dass Heidenreich mit ihrer klaren, festen Stimme begeisternd und atemlos über Bücher spricht, dass sie enorm viele in ihrer Sendung unterbringt, schafft sie es, sich der Schnelligkeit des anderen Mediums anzupassen und die Aufmerksamkeit hoch zu halten.
Sie selbst dagegen, eine Kultur- und Bildungsbürgerin wie sie vorbildlicher nicht sein kann, ist eine der größten Kritikerinnen der aktuellen Fernsehkultur. Geradezu „degoutant“ findet sie, was sonst so von „Deutschland sucht den Superstar“ bis Pocher im Fernsehen läuft.
Der Erfolg von „Lesen!“ verdeckt, dass Heidenreich nicht nur Fernsehmoderatorin, sondern primär erfolgreiche Schriftstellerin und Geschichtenerzählerin ist und sich lange vorher bevorzugt im Radio mit Hörspielen, Literaturmagazinen und nicht zuletzt mit der Comedy-Figur der Else Stratmann einen Namen gemacht hat. Zu Heidenreichs Wesen jedoch gehört es, sich fortlaufend zu entwickeln, immer wieder neue Erfahrungen zu machen, privat wie beruflich, und sich auch von Schicksalsschlägen nicht beirren zu lassen. Mit fünfzehn Jahren verließ Heidenreich ihr Elternhaus, weil sie mit der Mutter nicht mehr klarkam, und zog zu einer Pflegefamilie; sie überstand eine Krebserkrankung vor fünf Jahren, und sie hat zwei Ehen hinter sich. Von ihrem zweiten Mann, dem Schriftsteller Bernd Schroeder, lebt sie seit dreizehn Jahren getrennt, doch verbindet beide weiterhin eine intensive Nähe: „Er ist tief in mir drin. Aber ich möchte mich nicht melden müssen, nicht Weihnachten feiern müssen, nicht verantwortlich sein müssen – nur für mich“. Und so üben Bücher für Heidenreich weiterhin eine große Magie aus – ihr Herz aber schlägt inzwischen für die Oper. Seit Jahren schreibt sie Libretti, zuletzt verfasste sie mit dem Regisseur Christian Schuller die Kinderoper „Das geheime Köngreich“. Ihre Büchersendung hat da fast etwas von einem Brotjob, was Heidenreich nichts ausmacht: „Es ist alles ständig im Fluss, das finde ich schön. Ich habe nie das Gefühl, irgendwo angekommen zu sein.“
„Höchstpersönlich! Elke Heidenreich“, Samstag, 14 Uhr 03, ARD
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