Arte-Doku: Die Spur des Geldes
Harald Schumann untersucht für eine Arte-Doku das „Staatsgeheimnis Bankenrettung“.
Die Ferienhäuser der Siedlung im spanischen Castilla-La-Mancha sind in einer geschwungenen Kurve angeordnet, direkt an einer Bahntrasse. Sie sollten Platz für 1300 Urlauber bieten. „Da hinten geht es noch viel weiter“, sagt Harald Schumann. Doch fertiggestellt werden die Häuser wohl genauso wenig wie der Flughafen von Ciudad Real, denn Spanien gehört zu den großen Leidtragenden der europäischen Finanzkrise. 40 Milliarden Euro fließen dorthin, um die Banken zu stützen und das Land zu stabilisieren. Aber wohin geht das Geld tatsächlich? Dieser Frage geht Tagesspiegel-Redakteur Schumann in der mit Regisseur Arpad Bondy realisierten TV-Dokumentation „Staatsgeheimnis Bankenrettung“ nach, die am Dienstag auf Arte ausgestrahlt wird.
Noch schlimmer ist es um Irland bestellt, 64 Milliarden Euro waren bislang nötig, um das Land vor dem Staatsbankrott zu retten, lautet die offizielle Lesart. Alle sechs Großbanken Irlands standen vor dem Kollaps. Der Journalist Schumann sieht dahinter jedoch ein anderes Bild. Die „Geretteten“ sitzen für ihn eben nicht in den ärmeren Staaten von Europa. Der irische Parlamentsabgeordnete Stephen Donnelly hat den Eindruck, als würde die britische Kolonialherrschaft von einer europäisch-deutschen abgelöst, wenn auch ohne Territorialansprüche. Schumanns Recherchen für die Arte-Doku belegen es: Ein Großteil des Rettungsgeldes fließt postwendend zurück – vor allem nach Deutschland und Frankreich, zu den Gläubigern der Banken in Irland, Spanien oder Griechenland. Doch wohin genau, will niemand sagen. Staaten verhalten sich so, als ob Geschäftsgeheimnisse zugleich Staatsgeheimnisse sind, kritisiert die Doku.
Es geht um Schuld und Unrecht, um Verantwortung und Moral. Und um Zusammenhänge, die den meisten Menschen so nicht bekannt sind und die Schumann mit der Arte-Doku ans Licht bringen will. In Gesprächen mit Parlamentariern aus Spanien und Irland, mit politisch Verantwortlichen wie dem spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, mit Wirtschaftswissenschaftlern wie Andy Storey von der Universität Dublin und Finanzbloggern redet Schumann über Ursache und Wirkung, über die übereilte Euro-Einführung, die Zeiten des billigen Geldes und die ungebremste Gier in der Finanzwirtschaft. Investoren und Kreditgeber dürften nicht von ihrer Verantwortung freigesprochen werden, wird gefordert. Irland sei mit vorgehaltener Waffe gezwungen worden, die Gläubiger auszuzahlen, ärgert sich Stephen Donnelly.
Über drei Monate hat Schumann recherchiert, zwei weitere Monate dauerte es, bis Regisseur Bondy die 80 Stunden Material auf gut 50 Minuten konzentriert hat. Wie brisant das Thema ist, zeigen nicht zuletzt die ausweichenden Antworten, die Schumann erhält. „Ein jeder kehr vor seiner Tür und sauber ist das Stadtquartier“, sagt Wolfgang Schäuble. Von Schuldenschnitt und Verlustabschreibungen zeigt sich der Bundesfinanzminister wenig begeistert. Andere sagen es ganz unverblümt, so wie Jörg Asmussen. „Auf diesem Auge haben wir einen blinden Fleck“, sagt das Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank. Und wie verhalten sich die Banken und Fonds? In der Dokumentation werden durchaus Namen genannt, darunter Tochterunternehmen der Deutschen Bank sowie Union Investment. Die Anfragen gehen jedoch ins Leere, selbst fest vereinbarte Interviews werden in letzter Minute abgesagt.
Genauso wie um klare Antworten muss um packende Bilder gerungen werden. Unterstützt werden die Doku-Macher dabei durch die Banken selbst. Die Bankia-Zentrale in Madrid mit den beiden schrägen Türmen ist selbst zum Symbol für die Bankenkrise geworden. Kurt Sagatz
„Staatsgeheimnis Bankenrettung“,
Arte, 21 Uhr 45
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