Moderatoren: Die Franzi-Nummer
Van Almsick oder Schenk oder beide als Moderatoren in der ARD-„Sportschau“? Das Interesse der Fernsehsender an früheren Spitzensportlern ist weiterhin erstaunlich groß.
Dem Fernsehen muss auch mal Danke gesagt werden. Danke für, dass das Medium so vielen Spitzensportlern nach dem Ende der Karriere eine Zukunft, wenigstens eine Beschäftigung geboten hat. Gut, bei Boris Becker hat es trotz zahlreicher Versuche als Kommentator, Moderator und Talker nicht geklappt – Becker muss weiterhin seinen „BB“ bei würdigen und unwürdigen Gelegenheiten vermarkten. Sonst ist die Bilanz erfreulich. Der frühere Fußballer Mehmet Scholl bei der ARD oder der ehemalige Torwart Oliver Kahn beim ZDF sind nur zwei Beispiele, wie sehr das Fernsehen seine Sportsendungen mit Ex-Sportlern aufwertet, zuweilen auch nur aufhübscht. Aktuell dürfen sich (die Eisschnellläuferin) Franziska Schenk und (die Schwimmerin) Franziska van Almsick größere Hoffnungen auf stete Bildschirmpräsenz im Ersten machen.
Die ARD testet die ehemaligen Sportlerinnen für die Moderation ihrer Sportsendungen, bestätigte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky am Dienstag. Zu Franziska van Almsick sagte er, „ihre Kompetenz ist unbestritten und in den vergangenen Jahren hat sie auch ihr Entwicklungspotenzial nachgewiesen“. Es sei beeindruckend, welches Engagement und welchen Willen sie zeige. Sie sei eine Option für die Zukunft der „Sportschau“. Die möglichen Einsätze von van Almsick, 33, und von Schenk, 37, sieht Balkausky aber nur als zwei „von vielen mittelfristigen Überlegungen“. Er erklärte, dass van Almsick Testsendungen für die „Sportschau“ am Sonntag absolviert habe, „das heißt aber noch nicht, dass sie jetzt Moderatorin wird“. Gleiches gilt für Schenk. „Wir haben keinen Druck“, sagte Balkausky.
Die Ex-Sportlerin und erprobte TV-Expertin Franziska van Almsick wird sich kaum mit nur einer eher unauffälligen Sendung am späten Sonntagnachmittag zufriedengeben, da wird ein attraktives Gesamtpaket zu schnüren sein. Darin müsste dann auch geregelt sein, ob und für welche Events sie sich engagieren lassen, ob und für welche Unternehmen sie werben dürfen. Derzeit entwirft sie Bademoden- und Cashmere-Kollektionen für C & A und wirbt für Pampers-Windelprodukte. Falls es zu einer erweiterten Zusammenarbeit komme, würden diese Jobs bei der ARD angemeldet und freigegeben werden müssen. Manager Alexander Elbertzhagen macht schon mal Druck: „Derzeit stehen wir mit mehreren Sendern in Kontakt.“ Und zu laufenden Verhandlungen äußere sich Franziska van Almsick nicht.
Das Interesse an den früheren Spitzensportlerinnen ist schön für Almsick & Co. und doch schlecht für die vielen Nachwuchshoffnungen in der (ARD-)Sportmoderatorengilde, vielleicht auch für den Sportjournalismus als solchen. Gerade in den Dritten Programmen arbeiten diverse Talente, beispielsweise Okka Gundel vom WDR oder Sarah Beckmann und Dominik Vischer beim „Sportplatz“ des RBB, die ähnlich wie einst Gerhard Delling oder Anne Will den großen Sprung ins Erste planen: zur „Sportschau“, der Königssendung der Sport-Moderatoren, die am Bundesliga-Samstag zwischen 18 und 20 Uhr von bis zu fünf Millionen Zuschauern gesehen wird.
Diese Zugänge und Karrieren werden zunehmend verstopft und verhindert. Im Team der ARD-„Sportschau“ gibt es mit Okka Gundel zwar erst eine Frau, trotzdem hat das Moderatoren-Team bereits neun Mitglieder. Kommt van Almsick, wird die „Reise nach Jerusalem“ gespielt und dem Prinzip gehuldigt, dass Prominenz und Kompetenz lieber eingekauft als in Sendern und Programmen befördert werden.
Matthias Opdenhövel kam aus der Pro-7-Unterhaltung direkt zur attraktiven Samstags-„Sportschau“, Reinhold Beckmann verließ Sat 1 fürs Erste und musste mit Talk und Fußball-Moderation versorgt werden. Und dann das wachsende Heer der als Experten eingekauften ehemaligen Profis. Der Sportjournalismus in den Sendern wird immer intensiver als das Fragen-Stellen-Können an den offenbar allmächtigen und allwissenden Experten verstanden und als Authentizität verkauft: „Wie muss man sich das vorstellen, wenn...?“ oder „Was sagt der Trainer jetzt in der Kabine?“.
Die ehemalige DDR-Weltklasseschwimmerin Kristin Otto hat mittels Journalistikstudium in Leipzig den Sprung aus dem Becken ins Fernsehstudio geschafft – als Moderatorin der „Sportreportage“ im ZDF am Sonntagnachmittag. Kritiker bescheinigen Otto einen soliden Job, gerade auch in Fragen, die über den Schwimmsport hinausgehen. Zu Franziska van Almsick sagte ihr Manager Elbertzhagen: „Um die unterschiedlichen Anforderungen erfüllen zu können, nimmt sie generell an Medientrainings teil.“