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Weniger Ausgaben? Eva-Maria Lemke moderiert im Ersten "Kontraste", das ARD-Politikmagazin vom Rundfunk Berlin-Brandenburg.
© rbb/Thomas Ernst

Umbaupläne fürs ARD-Programm: Die DNA des Ersten

24 Termine im Jahr weniger: Die Sorgen der Polit-Magazine, die Umbaupläne der ARD und der Erfolg der ZDF-Formate.

Schwer zu sagen, ob das beabsichtigt war: So viel Aufregung um die ARD wie in den vergangenen Wochen gab es selten in den Jahren davor. Das hat auch mit Programmdirektorin Christine Strobl zu tun, die seit April im Amt ist. Sie scheint das öffentlich-rechtliche Programm von Grund auf umkrempeln zu wollen.

Zuerst ein offener Brief der Drehbuchautoren, am Dienstag bekannt gewordene Pläne um eine Verringerung der Schlagkraft der Polit-Magazine, am Mittwoch berichtet der „Spiegel“, dass die ARD vorhabe, ZDF-Erfolgsformate zu kopieren.

Das Magazin zitiert aus einem internen Plan, der etwa nach den „Tagesthemen“ ein „Markus Lanz“ ähnelndes Format vorsieht. Sandra Maischberger gilt als mögliche Moderatorin, hieße es aus Senderkreisen.

Zudem sei ein Comedy-Format am Freitag vorgesehen, das um 21 Uhr 45 einen Wochenrückblick mit „regionalen Köpfen“ liefert und auf Publikum der „heute show“ zielen dürfte. Es solle die Mediathek gestärkt, die ARD digitaler aufgestellt und weniger Donnerstagskrimis produziert werden, um Gelder in die Mediathek zu stecken.

Die Mediathek steht auch bei den Umbauplänen mit den Polit-Magazinen im Mittelpunkt. Die ARD überlegt, die Sendetermine der Polit-Magazine ab 2022 von 90 auf 66 zu reduzieren, schreibt das Online-Magazin „Übermedien“.

Derzeit werde von den Intendantinnen diskutiert, Sendungen wie „Kontraste“, „Monitor“ oder „Panorama“ künftig jeweils nur noch elf anstelle von 15 Mal im Jahr auszustrahlen. Betroffene Redaktionen sollen Dokumentationen statt Magazine zuliefern, die Rede ist von jeweils zwei pro Format und Jahr. Strobl, ARD-Chefredakteur Oliver Kohr und Mediathek-Chef Florian Hager argumentieren laut Übermedien, dass die „klassische Magazinform“ in Mediatheken nicht funktioniere.

Das ist die eine Lesart. Aus einer Redaktion verlaute, dass Polit-Magazine samt „unbequemer“ Berichterstattung bei Intendantinnen nicht nur eher unbeliebt, sondern auch „nicht mehr gewollt“ seien, schreibt „Übermedien“. Polit-Magazine laufen dienstags und donnerstags um 21 Uhr 45 im Ersten, vor 15 Jahren wurde ihre Länge auf 30 Minuten reduziert.

„Ich befürchte eine Marginalisierung der journalistischen Inhalte."

„Das können wir nicht bestätigen“, sagte ein Sprecher des Ersten dem Tagesspiegel. Die ARD befinde sich in intensiven Beratungen zum digitalen Umbau der Gemeinschaftsprogramme und der Mediathek, mit dem „Bestreben, Informationsangebote in allen Ausspielwegen zu schärfen, zu stärken und die Informationskompetenz in der ARD insgesamt zu stärken.“

Die Politikmagazine gehörten zur DNA der ARD. Es gehe darum, ihre Themen und Inhalte auch in der Mediathek nach vorne stellen zu können.

Indes hat der Deutsche Journalisten-Verband die ARD-Intendanten aufgefordert, die Politmagazine unangetastet zu lassen. Stattdessen sollten betroffenen Redaktionen Dokumentationen zugeliefert werden. „Wir wenden uns entschieden gegen jeden Versuch, die vor Jahren reduzierten Polit-Magazine der ARD weiter einzudampfen“, sagte DJV-Chef Frank Überall. Dokumentationen könnten nur ein Zusatz zum Programmangebot, nicht jedoch ein Magazinersatz sein.

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Der DJV-Vorsitzende weist darauf hin, dass die Balance zwischen Information und Unterhaltung eine bedrohliche Schlagseite bekommen könnte. Ähnlich äußert sich „Monitor“-Moderator Georg Restle gegenüber dem Tagesspiegel: „Ich befürchte eine Marginalisierung der journalistischen Inhalte, für die die politischen Magazine stehen: Kritischer, investigativer Journalismus, der auch aktuell auf politische Entscheidungen oder gesellschaftliche Entwicklungen eingeht.“ „Monitor“ sei längst in der digitalen Welt angekommen. „Dies müsste weiter ausgebaut werden, statt Sendeplätze zu beschneiden.“

Abgesehen von inhaltlichen Erwägungen (was ist mit Recherche-Themen, die für einen Achtminüter im Magazin geeignet sind, aber eher nicht für einen 30-Minüter im Ersten?): Unter ARD-Mitarbeitern gibt es die Vermutung, dass bei weniger Magazin-Sendungen Etat und Personal gekürzt werden könnten, um damit andere Lücken zu stopfen, wie Unterhaltung, Quiz und Fiktion.

Man darf gespannt sein, welche Steine Christine Strobl bei der ARD als nächstes ins Rollen bringt.

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