Letzte Folge im März 2020: Die ARD stellt "Lindenstraße" nach 34 Jahren ein
Zu wenig Publikum, zu hohe Produktionskosten: Die ARD beendet die Weekly Soap "Lindenstraße". Die letzte Folge läuft im März 2020.
Eine Pressemitteilung wie ein Hammer, für immer noch zwei, drei Millionen Fans: Die wöchentliche ARD-Serie „Lindenstraße“ wird nach mehr als 34 Jahren nicht fortgeführt. Die Fernsehprogrammkonferenz der ARD habe sich mehrheitlich gegen eine Verlängerung des Produktionsvertrages mit der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion ausgesprochen, ließ die ARD am Freitag mittag verlauten. Wobei der Abschied erst im März 2020 stattfindet, wenn die allerletzte Folge ausgestrahlt wird.
Volker Herres, Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen, sagte: "Diese Entscheidung hat sich die Fernsehprogrammkonferenz der ARD nicht leicht gemacht. Denn die ‚Lindenstraße‘ ist eine Ikone im deutschen Fernsehen, die uns seit Jahrzehnten begleitet." Sie sei Spiegelbild der Geschichte und Entwicklung unserer Republik. Sie habe Akzente gesetzt, die prägend bleiben werden - ein Verdienst engagierter, leidenschaftlicher Macher."
Aber, so argumentiert Herres, sei nüchtern und mit Bedauern festzustellen: Das Zuschauerinteresse und unsere unvermeidbaren Sparzwänge sind nicht vereinbar mit den Produktionskosten für eine solch hochwertige Serie".
In der Tat sind die Quoten in den vergangenen Jahrzehnten sukzessive zurück gegangen, von fünf, sechs Millionen Zuschauern in den 1980er und 1990ern auf zuletzt zwei bis drei Millionen, wobei das anderen länger laufenden TV-Serien ähnlich ergeht. Auch ein Wechsel in der Produktion von "Lindenstraßen"-Erfinder Hans W. Geißendörfer auf Tochter Hana, flottere Schnitte sowie neue Figuren, die für frischen Wind sorgen wollten, wie Axel Holst alias Roland Landmann - Gabi Zenkers (Andrea Spatzek) Cousin aus Görlitz - und Sohn Konstantin (Arne Rudolf), halfen nicht. Apropos Görlitz: Themen und Stimmungen aus den neuen Bundesländern konnten nie so recht aufgegriffen werden, selbst, als die "Lindenstraße" zeitweise eine WG um Klausi Beimer herum nach Leipzig delegierte.
Immerhin, ARD-Programmdirektor Herres streut noch Rosen aus. Hans W. Geißendörfer habe als Vater der „Lindenstraße“ Fernsehgeschichte geschrieben. "Ihm und seiner Nachfolgerin Hana Geißendörfer sowie allen Mitwirkenden gelten unser Respekt und unser Dank."
Seit 1985 auf dem ARD-Schirm
Es soll ja auch noch Leute geben, die das noch nie gesehen haben. Die „Lindenstraße" erzählt seit ihrem Start am 8. Dezember 1985 Schicksale und Geschichten des bundesrepublikanischen und gesamtdeutschen Lebens in einer fiktiven Wohnstraße in München. Gedreht wird die Weekly tatsächlich in den WDR-Studios in Köln-Bocklemünd. Hunderte Schauspieler und Zehntausende Komparsen waren bisher zu sehen. Die Außenkulisse der „Lindenstraße“ ist 150 Meter lang, für die Dreharbeiten stehen ständig 100.000 Requisiten zur Verfügung.
Ich denke eher das Ende wird wie folgt sein: Die Bewohner der Lindenstraße bekommen einen Brief der Landesregierung, dass die ganze Straße abgerissen wird. Dort entsteht der Weltraumbahnhof für das Raumschiff "Bavaria One", mit der Söder, Seehofer und Dobrindt zum Mond fliegen. Happy End
schreibt NutzerIn mikenixda2014
Für ihre Fans hat es die „Lindenstraße“ durchaus geschafft, mit ihrer Figurenkonstellation realitätsnah die Vielfalt des gesellschaftlichen Lebens und deren Entwicklung widerzuspiegeln. Dabei erzählt die Serie immer wieder auch provokante Geschichten, die Diskussionen anregen und oftmals auch für Aufregung gesorgt haben.
Wahr ist: Die „Lindenstraße“ hat sich in den Jahrzehnten kontinuierlich verändert und entwickelt. Aber es half und es hilft nichts: Die Quoten sind gebröckelt. Was auch damit zusammenhängt: Neben die „Lindenstraße“ sind weitere Soaps als Lebensbegleiter fürs Publikum getreten. Die ARD-Weekly ist ein Geschichtenerzähler neben anderen geworden. Und grauer und älter. Die „Lindenstraße“ hat schlichtweg Teile ihres Publikums verloren. Geblieben sind die Hardcore-Fans.
WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn sagte, "es können doch alle Beteiligten sehr stolz sein, denn sie haben mit der ‚Lindenstraße‘ geschafft, was keiner anderen deutschen Serie gelungen ist: über Generationen hinweg mitten aus dem Alltag der Menschen heraus große gesellschaftliche und politische Themen abzubilden." Gleichzeitig äußert er Verständnis, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der ARD geändert hätten und Produktionen neu bewertet werden müssten.
Wie zu erwarten, Hans W. Geißendörfer und Hana Geißendörfer sehen das anders: „Lindenstraße steht für politisches und soziales Engagement, für Meinungsfreiheit, Demokratie, gleiche Rechte für alle und Integration, was in Zeiten von Rechtsruck und Ausländerfeindlichkeit wichtiger ist denn je. Wir sind bestürzt und können nur unser Unverständnis zum Ausdruck bringen, dass die ARD es offenbar nicht mehr als ihren Auftrag sieht, die Serie fortzusetzen, zu deren Kern es gehört, diese Haltung zu vertreten.“
Das klingt sehr sehr enttäuscht, bitter. Einer hat es wohl gerochen. Joachim Hermann Luger, "Lindenstraßler" der allerersten Stunde, über 30 Jahre als Vater Hans Beimer gute Seele dieser Serie. Luger ließ sich in diesem Sommer aus der "Lindenstraße" schreiben, um wieder mehr Theater zu spielen. "Obwohl ich nicht mehr dabei bin, bin ich doch sehr betroffen, dass die Lindenstraße nun ein Ende haben wird und soll. Auch für mich ist die Nachricht schockierend", ließ er am Freitag mitteilen.
Ähnlich Moritz A. Sachs alias Klausi Beimer, der mit dieser TV-Serie vor unseren Augen erwachsen geworden ist: „Kurzfristig und ohne damit gerechnet zu haben, wurden heute das Team und das Ensemble der ,Lindenstraße’ über die bevorstehende Umsetzung informiert. Traurig, nachdenklich und durschaus schockiert sind die vorherrschenden Gefühle. Mein zweites Zuhause geht offline. Es wird mir sehr fehlen.“
So, geschockt, dürfte es immerhin noch einigen treuen Fans ergehen, die sich über die Jahre an Stromsparaktionen beteiligten, mit den Beimers scheiden ließen, mit Luger oder Benno Zimmermann alias Bernd Tauber den Serientod starben, über die Krankheit von Carsten Flöter (Georg Uecker) wunderten, an Dr. Ludwig Dresslers menschlicher Integrität zweifelten oder mit Mutter Beimer Weihnachten für Weihnachten Plätzchen gebacken haben. Sie werden jetzt ab Sonntag, 18 Uhr 50, ARD, die letzten Ausgaben ihrer Lieblingsserie herunter zählen. Wir sind bei Folge 1696.