Jubiläum: Der Welterklärer
Was ist Wasser? Wohin wandert der Müll? 100 Mal stand Guido Hammesfahr für „Löwenzahn“ schon als Erkläronkel vor der Kamera: Deutschlands bester Kinder-Moderator kann auch anders.
Wer immer noch nicht glaubt, dass Kinderfernsehen jung hält, der sollte mal Guido Hammesfahr alias Fritz Fuchs treffen, den Erkläronkel aus der Kinderserie „Löwenzahn“. Neulich, im ZDF-Hauptstadtstudio. PR-Termin für die „Löwenzahn“-Jubiläumsfolge an diesem Sonntagmorgen, die 100te mit Fritz Fuchs/ Guido Hammesfahr. Eine Stunde lang hält der Schauspieler in roter Schlaghose und Kapuzenpulli vor klickenden Kameras still, angelehnt an eine Hundehütte, an der Seite sein unruhiger Serienhund „Keks“, umringt von Presseleuten. Bewundert auch von Fans wie dem kleinen Oskar, der 39 Jahre jünger ist als der Mann vor ihm. Der Mann, der ihm und knapp 100 000 Zuschauern Sonntag für Sonntag am Bildschirm die große Welt erklärt, als wäre er ihr großer Bruder.
Wenn Fritz Fuchs dann leibhaftig vor einem steht, kriegt der größte Fan, der Kinderreporter, keinen Satz raus. Kein Problem. Hammesfahr kennt das. Seit Oktober 2006 ist der 44-Jährige in der Nachfolge des großen Peter Lustig Moderator der Fernsehreihe „Löwenzahn“. Hier werden Grundschulkindern Begriffe vermittelt, indem diese in eine Geschichte rund um Fritz Fuchs gepackt werden. Der muss, anhand eines Vorfalls, der ihm passiert ist, herausfinden, wie Dinge des Alltags funktionieren. Was ist Blut? Was ist Wasser? Woher kommt der Wind? Wohin wandert der Müll? Lauter Anregungen zum Lernen. Klasse Kinderfernsehen, meilenweit entfernt vom bunten, schrillen Kram, der mittlerweile selbst auf Kika von morgens bis abends gesendet wird, geschweige denn auf SuperRTL.
„Löwenzahn“ ist Heimat. Wenn Erwachene „Löwenzahn“ hören, denken Sie an Peter Lustig, der die Sendung von 1981 bis 2005 fast 200mal moderierte. Kinder heutzutage rufen: Löwenzahn? Fritz Fuchs! Auch wenn er’s nicht zugeben würde, so ein Erfolg im Kinderfernsehen ist für Schauspieler oft Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite hält dieser Serienjob offenbar jung, auf der anderen Seite wirst du von deinen Zuschauern extrem mit der Rolle identifiziert. Zu sehr? Wie viel Guido Hammesfahr steckt in Fritz Fuchs? Das passe natürlich schon, sagt der Schauspieler, nippt an seiner Tasse Tee. „Es gibt viele Parallelen. Sonst würde man bei den 100 Folgen ja auch wahnsinnig werden, wenn man sich immer verstellen müsste.“ Das gelte auch für die Affinität zu Kindern. Hammesfahr selbst ist kein Vater, aber vierfacher Onkel. Blond, blauäugig, sportlich, witzig, mit seinem offenen Wesen ist er wohl das, was man einen Kinder-Typen nennt. So jemanden wünscht sich Jung und Alt als Erzieher in der Kita.
Andererseits, sagt Hammesfahr, das Besondere an einer Rolle sei ja nicht, was da von einem drin ist, sondern das, was nicht drin steckt. „Ich hab’ schon mal schlechte Laune, bin ungeduldiger als Fritz Fuchs, trage privat auch öfters Hornbrille und nicht diese Fritz-Fuchs-Klamotten, die bunten Schlaghosen.“ Dann zieht er sich gerne auf sein Holzboot in der Nähe von Köln zurück, schraubt rum oder schippert los. Überhaupt, im Boot würde er viel lieber wohnen als in Fritz Fuchs’ berühmtem Bauwagen mit Holztreppe, sympathisch-chaotischem Wohnzimmer und uriger Dachterrasse.
Mit dem Setting wurde „Bärstadt“ zu einem der berühmtesten fiktiven Orte im deutschen Fernsehen. Aber bevor sich nun wieder Kinder auf die Suche nach Fritz’ Fuchs Heimat machen, nach dem blauen Wohnwagen, dem Sennerhund namens „ Keks“, dem Garten vom starrköpfigen Nachbarn Herr Paschulke, dem Kiosk mit der netten Yasemin: das alles steht nicht mehr in Neu-Fahrland bei Potsdam, sondern, seit diesem Sommer, ein bisschen versteckt zwischen Bäumen und Hecken, am Stadtrand von Hennigsdorf im Norden Berlins – auch zur Freude der Nachbarn, denen hin und wieder ein Grillfest vom Produktions-Team spendiert wird. Wenn Guido Hammesfahr mal nicht hier dreht, sitzt er an seinem Boot oder macht, er kann’s nicht lassen, Kinderoper und Lesungen in Köln. Geboren wurde der Schauspieler 1968 in Dierdorf. Nach einer Ausbildung an der Theaterwerkstatt Mainz spielte er in Bühnenstücken, auch in Berlin. Ab 1997 war er im Fernsehen zu sehen, vor allem in Krimiserien, dann auch in Comedy-Formaten. Bekannt wurde er 2001 in der Comedyshow „Ladykracher“ mit Anke Engelke. Dafür wurde Hammesfahr 2002 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. 2006 der Durchbruch, mit „Löwenzahn“. Er überzeugte beim Casting für die Wissenssendung, weil er einen Kompass aus Nadel, Wasserglas und Bindfaden zusammenbauen konnte.
Also doch ein Bastler, eine Begabung – eine Lebensrolle? Immer Kinderfragen stellen und gleichzeitig als Erwachsener wahrgenommen werden? Oder doch auch mal den Bösen raushängen lassen? Peter Lustig machte den Job 25 Jahre. Guido Hammesfahr überlegt sich die Antwort besonders gut. Ein Ende sei nicht absehbar, obwohl er es schon bedauere, das eine oder andere Rollenangebot abschlagen zu müssen, weil er jedes Jahr von Mai bis Oktober 16 „Löwenzahn“-Folgen dreht. „Es ist eben nicht gerade der leichteste Job, Schauspieler zu sein. Ich spiele ja nicht nur den Fritz Fuchs, werde schon mal für die eine oder andere Serie angefragt.“ Und, etwas leiser, sagt er: Vielleicht sei dann auch mal eine größere Rolle im Fernsehen des ZDF drin. Einen „Löwenzahn“-Kinofilm gab es, 2011.
Gut, ganz so bissig wie am Anfang ist „Löwenzahn“ nicht mehr. Früher forderte Peter Lustig am Ende jeder Sendung dazu auf, nicht länger vorm Fernseher zu sitzen, sondern das Gerät abzuschalten. Deutschlands derzeit beliebtester Welterklärer im Fernsehen gibt sich gemäßigt. Fritz Fuchs wird weiter aus drehenden Fahrrädern Strom oder aus Nadel und Bindfäden Kompasse machen und das eine oder andere „Löwenzahn“-Lifting erfahren, wie zur Jubiläumsfolge, mit neuem Intro. Für Oskar, für die Fünf- bis Zehnjährigen, die auch noch die nächsten 100 Folgen diesen Spruch am Ende hören wollen: „Ich weiß ja nicht, was ihr macht, aber wir, Keks und ich, wir drehen noch ’ne Runde.“
„Löwenzahn – Das Gespenst von Greifenklau"“, ZDF, 8 Uhr 10
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