Gebühren für ARD und ZDF: „Der Rundfunkbeitrag wird sinken“
SWR-Justitiar Hermann Eicher zweifelt nicht an 17,50 Euro im Monat ab April 2015. Der Beitragsservice der Sender geht beim Beitragszahler rigoros vor - bis hin zur Zwangsvollstreckung.
Herr Eicher, wann wissen die öffentlich-rechtlichen Sender endgültig, was der Rundfunkbeitrag an Einnahmen bringt?
Der Rundfunkbeitrag ist – wie in der Vergangenheit auch – jährlichen Schwankungen unterworfen, weil er von dynamischen Entwicklungen abhängig ist. Dazu gehört die Zahl der Beitragszahler ebenso wie beispielsweise die Höhe der Befreiungsquoten oder die Forderungsausfallquoten. Ende 2016 wird feststehen, welche Erträge die dann zu Ende gehende Beitragsperiode erbracht hat.
Die Erfassung aller beitragspflichtigen Haushalte, Unternehmen und Institutionen ist Aufgabe des Beitragsservices von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Wie geschieht das im Einzelnen?
Die Umstellung von der Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag erfolgte im Wesentlichen durch Überleitung der bereits vorhandenen Teilnehmerkonten. Im Übrigen ist der Beitragsservice fortwährend dabei, die Erkenntnisse aus dem einmaligen Datenabgleich mit den Einwohnermeldebehörden operativ umzusetzen. Hinzu kommt die Verarbeitung der anlassbezogenen Datenübermittlung der Einwohnermeldebehörden wie beispielsweise beim Umzug.
Gibt einen „Bodensatz“ von nicht identifizierbaren Beitragszahlern?
Da es sich um einen dynamischen Prozess handelt, lässt sich eine Heranziehung von wirklich allen Beitragspflichtigen nie erreichen. Wir gehen aber davon aus, dass sich die Beitragsgerechtigkeit des neuen Modells deutlich erhöht hat.
Mahnverfahren bis zur Zwangsvollstreckung
Erfassen reicht nicht, die Betroffenen müssen ja auch zahlen. Wie funktioniert das?
Zunächst werden vermeintlich beitragspflichtige Bürgerinnen und Bürger mehrfach angeschrieben. Erfolgt darauf keinerlei Reaktion, nimmt der Beitragsservice eine Anmeldung und nachfolgend eine Durchsetzung der Forderungen im Wege eines Mahnverfahrens bis zur Zwangsvollstreckung vor. Dazu sind die Rundfunkanstalten verpflichtet, und darauf achtet auch die KEF, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, peinlich genau, die den Rundfunkanstalten nicht durchgesetzte Forderungen ansonsten – ohne dass es zu tatsächlichen Einnahmen / Erträgen käme – zuschätzen würde.
Mit dem Wechsel beim Erhebungsmodell verband sich die Ansage, dass es mit der „Schnüffelei“ ein für alle Mal vorbei ist. Tatsächlich aber geht die Schnüffelei, siehe Zwangsvollstreckung, weiter.
Nein, wie kommen Sie darauf? Es gibt die „Gebührenbeauftragten“ schlicht nicht mehr, die früher an den Türen geklingelt haben. Dieser Eingriff in die Privatsphäre ist endgültig vorbei, ein wesentliches Ziel der Reform erreicht.
Laut KEF werden die Anstalten durch den Beitrag insgesamt 1,146 Milliarden Euro mehr einnehmen. Nach neuen Prognosen könnte die Summe deutlich höher sein. Das wird die Diskussion über den Rundfunkbeitrag wieder anfeuern, meinen Sie nicht?
Warten wir es ab. Jetzt steht erst einmal die Evaluierung auf der Agenda, bei der überprüft werden soll, ob es zu nennenswerten Verschiebungen in der Grundstruktur oder zu Mehrbelastungen einzelner Gruppen gekommen ist. Da bleibt auch Raum für Korrekturen. Basieren Mehreinnahmen dagegen allein auf einer größeren Beitragsgerechtigkeit, wüsste ich nicht, warum das die Diskussion um den Beitrag neu entfachen sollte.
Unabhängig von der tatsächlichen Einnahmenhöhe: Die Sender müssen jedes Mehr an Geld in einer Rücklage sammeln. Was passiert mit den Euro-Millionen?
Darüber befinden allein der Gesetzgeber und die KEF. Dieses Geld ist der Verfügung der Anstalten bis dahin absolut entzogen.
Was wäre aus Ihrer Sicht der vernünftigste Umgang mit den Mehrerträgen?
Über den Anteil an den Mehrerträgen, den der Gesetzgeber mit dem 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag an den Beitragszahler zurückgibt, braucht man sich schon mal keine Gedanken zu machen. Alles Weitere lässt sich erst nach der Evaluation beurteilen. Man ist klug beraten, danach Schritt für Schritt vorzugehen und den 20. KEF-Bericht abzuwarten.
Der monatliche Beitrag soll zum 1. April 2015 von 17,98 Euro auf 17,50 Euro sinken. Wird es Ihrer Einschätzung nach genauso kommen?
In vielen Landesparlamenten ist der Rundfunkänderungsstaatsvertrag bereits ratifiziert oder die Entscheidung steht kurz bevor. Es gibt für mich überhaupt keinen Zweifel mehr daran, dass ab April 2015 der Rundfunkbeitrag auf 17,50 Euro sinken wird. Die Fragen stellte Joachim Huber.
Hermann Eicher, Justitiar des Südwestrundfunks, ist der für den Rundfunkbeitrag federführende Justitiar in der ARD.
Joachim Huber