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Monarchisch. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron liebt den großen Auftritt, Fragen von Journalisten liebt er weniger.
© Reuters/Charles Platiau

Macron und die Medien: Der König schweigt

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schottet sich von den Medien ab. Er glaubt, mit Distanz besser regieren zu können

Im Wahlkampf war Emmanuel Macron der Medienliebling. Journalisten durften mit ihm Zug fahren, er klopfte ihnen wohlwollend bei Veranstaltungen auf die Schultern und ließ sich geduldig immer wieder von Medien aus aller Welt befragen. Doch einmal im Amt, klappte die Tür zu. Der Präsident schloss sich im Élysée-Palast ein und gerät zunehmend für seinen Umgang mit der Presse in die Kritik. Er sagte sogar das traditionelle Präsidenten-Interview im Fernsehen zum Nationalfeiertag am 14. Juli ab. Die Erklärung dafür aus dem Élysée-Palast: Das sei nicht dazu geeignet, die „komplexen Gedankengänge“ Macrons zu vermitteln.

Statt Worten gab es nur noch Bilder zu sehen, Macron setzte sich mit großen Gesten als Weltpolitiker in Szene. Wie er Donald Trump kräftig die Hand drückte, wie er Wladimir Putin ins Schloss von Versailles einlud, Arnold Schwarzenegger und Bono von U2 zu Besuch im Élysée-Palast. So verlieh der selbstbewusste 39-jährige Präsident Frankreich wieder Glanz und Macht durch Bilder, die seine Kommunikationsabteilung geschickt steuerte – ebenso wie seine wenigen Kontakte mit französischen Medien.

Gleich von Anfang seiner Amtszeit an war das Verhältnis zur Presse deshalb angespannt. Zum Antrittsbesuch der Minister im Élysée-Palast wurden die Journalisten von den Politikern ferngehalten. Macron schärfte seinen Ministern ein, sie sollten sich um „Vertraulichkeit“ bemühen und nicht in jedes Mikrofon sprechen. Er gängelt nicht nur die Minister. Auch die Abgeordneten seiner Bewegung LREM wurden dazu aufgefordert, Interviews abzusprechen. Im Élysée-Palast herrscht für alle – vom Koch bis zum Kabinett – Schweigepflicht gegenüber Journalisten.

Macron wählte Journalisten für Auslandsreise aus

Zu seiner ersten Auslandsreise nach Mali wollte Macron nur von ihm ausgewählte Journalisten mitnehmen. Viele französische Medien, darunter „Le Monde“ und „Le Figaro“, protestierten dagegen in einem offenen Brief und kritisierten mangelnde Pressefreiheit. Als „Liberation“ vorab darüber berichtete, dass die Liberalisierung des Arbeitsrechtes weiter gehen soll als bisher erwartet und dazu Dokumente vorwies, zeigte das Arbeitsministerium die Tageszeitung wegen Diebstahls von Dokumenten an. Die Anzeige wurde kurz darauf aufgrund von Medienprotesten zurückgezogen.

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue Details zum Umgang von Macron mit der Presse ans Tageslicht kommen. So sollen Redaktionen auch schon von seiner Pressestelle angerufen worden sein, wenn sie unliebsam berichtet haben. In mancher Hinsicht erinnert Macrons Umgang mit den Medien schon an US-Präsident Trump, der immer wieder durch sein gespanntes Verhältnis zur Presse für Skandale sorgt. Das französische Magazin „L’Express“ kommentierte dazu: „Schweigen im Palast. Wie Macron seine Kommunikation abschließt.“ Und zitierte gar Macrons Medienberaterin Sibeth Ndiaye: „Ich stehe vollkommen dazu, zu lügen, um den Präsidenten zu schützen.“

Und wie Trump oder auch die Rechtspopulistin Marine Le Pen nutzt Macron zunehmend die sozialen Medien, um direkt seine Botschaft ohne störende Medienkritik unters Volk zu bringen. Dazu werden Videos oder Fotos auf Facebook, Twitter oder Instagram gestreut. Etwa von Macron, wie er – ganz volksnaher Präsident – in der Telefonzentrale vom Élysée-Palast selbst Anrufe beantwortet.

Vorgänger Hollande plauderte Interna aus

Macron hat für seine abwehrende Haltung gegenüber der Presse durchaus einen Grund: Nach seinem Vorgänger François Hollande, der im engen Kontakt mit Journalisten stand und Interna aus dem Élysée-Palast ausplauderte, setzt Macron auf mehr Kontrolle über die Kommunikation. Denn über Hollande kam sogar ein Buch mit dem Titel „Ein Präsident sollte das nicht sagen“ mit peinlichen Details an die Öffentlichkeit. Das schwächte die Stellung des Präsidenten. Macron setzt deshalb auf äußerste Zurückhaltung und betonte: „Ich werde sie – die Journalisten – nicht in die Küche lassen. Sie sind keine Freunde.“ Zu viel Nähe sei nicht gut. Macron will dem Amt wieder Würde verleihen und ist überzeugt, dass das nicht funktioniert wie unter Hollande. „Anders als sein Vorgänger weiß er, dass er Distanz zu den Medien aufbauen muss“, kommentierte das der Politologe Stéphane Rozès.

Medien beschreiben Macrons Regierungsstil als autoritär, Der Präsident wurde gar mit einem allmächtigen Herrscher verglichen. Doch erste negative Umfragen zeigen, dass seine Allüren eines „Sonnenkönigs“ nicht gut ankommen. Innerhalb eines Monats rutschte er laut einer Ifop-Beliebtheitsumfrage für die Sonntagszeitung „Le Journal de Dimanche“ um zehn Prozent auf 54 Prozent ab. Als ein wichtiger Grund wurde sein autoritärer Regierungsstil genannt.

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