Aktenzeichen XY...ungelöst: Den Ganoven keine Chance
„Aktenzeichen XY … ungelöst“-Erfinder Eduard Zimmermann stirbt im Alter von 80 Jahren. Ein Nachruf.
„Cold Case – kein Opfer ist je vergessen“ heißt eine US-Fernsehserie, die immerhin schon auf sechs erfolgreiche Jahre zurückblicken kann. Verbrechen aufzuklären, auch solche, deren Akten fast schon geschlossen waren, fasziniert die Zuschauer nicht nur in der Fiktion. Daraus ein journalistisches TV-Format zu machen, ist somit eine Meisterleistung. Bereits Jahrzehnte bevor der Begriff „Reality-TV“ erfunden wurde, hat Eduard Zimmermann dies mit der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ getan, deren erste Folge am 20. Oktober 1967 ausgestrahlt wurde. An diesem Sonnabend nun ist Eduard Zimmermann im Alter von 80 Jahren in einem Münchener Altenheim gestorben, wie seine Adoptivtochter Sabine Zimmermann mitgeteilt hat. „Mein Vater hat immer selbstbestimmt gelebt und in den letzten Stunden deutlich gezeigt, dass es jetzt gut und der richtige Zeitpunkt gekommen ist“, sagte sie.
Eduard Zimmermann war ein „Pionier des Realitätsfernsehens“ in Deutschland, „der die Möglichkeiten des Fernsehens für die Verbrechensbekämpfung früh erkannt und konsequent eingesetzt hat“, würdigte ZDF-Intendant Markus Schächter Zimmermanns Leistungen. Schächter erinnerte zudem daran, dass Zimmermann mit dem von ihm gegründeten „Weißen Ring“ dazu beigetragen habe, die Opfer von Verbrechen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken.
Denn Eduard Zimmermann hat nicht lockergelassen, wenn es um das letzte Recht eines Opfers ging, die Tat aufzuklären und den Schuldigen zu finden. Mit seinen eindringlichen Bitten um „sachdienliche Hinweise“ und seinem Gesichtsausdruck, wenn er den Zuschauer auf die Schrecken des nächsten Falls vorbereitete, merkte man Zimmermann an, dass es ihm um mehr als den Erfolg des TV-Formats ging. Dabei war die Sendung, die bald auf Österreich und die Schweiz ausgedehnt wurde, keineswegs unumstritten. Anfangs wurde ihr vorgeworfen, Denunziantentum zu fördern und zu Menschjagden aufzurufen. Zimmermann und seine Sendung spiele mit den Ängsten der Menschen, lautete ein weiterer Vorwurf, der jedoch über die Zeit verstummte. Wenn Zimmermann am Freitagabend lief, saß ein Millionenpublikum von den TV-Schirmen, wobei besorgte Eltern ihren Kindern das Zuschauen verboten – als zu gefährlich für deren seelische Entwicklung galt die Sendung.
Für sein „Aktenzeichen“ hat Zimmermann viele Auszeichnungen, darunter den Grimme-Preis und das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, erhalten. Zusammen mit seiner zweiten Sendung „Vorsicht Falle! Nepper, Schlepper, Bauernfänger“, ebenfalls ein TV-Dauerbrenner, hat er das Fernsehen im Nachkriegsdeutschland geprägt. Zimmermann wusste zudem, wovon er spricht. Im Jahr 2005 überraschte er mit seiner Autobiografie „Auch ich war ein Gauner“, in der er zugab, sich in der Nachkriegszeit unter anderem als Schwarzmarkthändler über Wasser gehalten und dafür auch eine Haftstrafe kassiert zu haben. Bei einer Recherchereise 1949 in der Sowjetzone war er zudem verhaftet und wegen Spionage zu 25 Jahren Zwangsarbeit in Bautzen verurteilt worden, von denen er fünf Jahre absaß.
Insgesamt hatte Zimmermann „Aktenzeichen XY … ungelöst“ 300 Mal moderiert, als er die Sendung 1997 abgab. Bis Januar 2009 wurden knapp 3900 Fälle behandelt und mehr als 1600 aufgeklärt – eine Erfolgsquote von über 40 Prozent.
Nach dem Tod seiner Frau Rosmarie zog er 2008 von seinem Wohnsitz in der Schweiz nach München. Seitdem wurde er zusehends dement und schwächer. Die Beerdigung soll im engsten Familienkreis stattfinden. Kurt Sagatz
Zahlreiche Ausschnitte aus über 40 Jahren „Aktenzeichen XY … ungelöst“ finden sich auf Youtube, darunter auch die zweite Sendung unter dem Namen „Aktenzeichen XY 24.11.1967“ (www.youtube.de).
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