„Game of Thrones“: Das Unerwartete erwarten
Kraftfutter für Serienfans und Kulturanthropologen: Ein schmales Buch zur Free-TV-Premiere von „Game of Thrones“.
Ist die letzte Staffel von "Game of Thrones" deshalb misslungen, weil die beiden Produzenten der Serie mal wieder etwas vom Leben haben wollten? George R. R. Martin, der Autor der Romanvorlage, deutete das in einem Interview an. „Dabei hätten wir auf elf, zwölf, dreizehn Staffeln gehen können“, zitiert ihn die Literaturwissenschaftlerin Elke Brüns in einem kleinen Brevier („Game of Thrones“. Reclam, 100 Seiten, 10 €). Es ist rechtzeitig zur Free-TV-Premiere des Finales am Samstag auf RTL 2 (20 Uhr 15) fertig geworden.
Das schmale Büchlein bietet Kraftfutter für Fans und Kulturanthropologen. Es beschreibt, was wir gesehen haben und was das war. Der maßlose Erfolg von „Game of Thrones“ liegt demnach nicht nur an der deutlichen Inszenierung von Sex und Gewalt.
Es ist auch nicht allein die Schönheit der Drehorte und Interieurs, das preisgekrönte Kostümbild, die Sorgfalt, mit der alles aufeinander abgestimmt ist. Noch atemberaubender sind die Brüche mit den Konventionen des Genres.
Seit am Ende der ersten Staffel der Sympathieträger Ned Stark (Sean Bean) hingerichtet wurde, durfte man von „Game of Thrones“ das Unerwartete erwarten – und wurde nicht enttäuscht. Bester Moment: die Wiederauferstehung von John Snow. Am meisten geschätzt wurde jedoch die feinfühlige Figurenentwicklung, die ganz am Ende leider zu kurz kommt.
Wie ein Eisberg zerbricht am Ende der vorletzten Staffel die Mauer, die Westeros vor dem „anderen“ schützt. In der letzten Staffel reichte die Puste der Produzenten David Benioff und Dan Weiss dann nur noch für sechs Folgen. Vielleicht waren sie in Gedanken schon beim nächsten Job: Netflix hat sie kürzlich abgeworben. George R. R. Martin schreibt derweil weiter am Original, dem „Song of Ice and Fire“.