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Abmarsch. Heidi Klum (r.) will auf Pro7 „Germany’s Next Topmodel“ finden – und mehr Zuschauerinnen als das Konkurrenzformat „Das perfekte Model“ auf Vox.
© Pro7

Neue Folgen von "GNTM": Das Prinzip Klon

Noch nie zuvor wurde im deutschen Fernsehen so viel gecastet wie heute. Und jetzt startet auch noch Heidi Klums neue „Topmodel“-Staffel. Trotzdem dürfte sie mehr Zuschauerinnen haben als ihre Konkurrentinnen Eva Padberg und Karolina Kurkova.

Das Publikum ist keine Dolly, auch wenn sich Fernsehmacher das wünschen dürften. Wie einst das Schaf geklont wurde, klonen sie derzeit eine Castingshow nach der anderen. Nie zuvor wurde im deutschen Fernsehen so viel gesucht: nach „Unserem Star für Baku“ auf Pro7 und im Ersten, nach der „Voice of Germany“ auf Sat 1, nach dem „X Factor“ auf Vox, nach „Supertalent“ und „Superstar“ auf RTL, nach dem „perfekten Model“ auf Vox, und nach „Germany’s Next Topmodel“ sucht ab dem heutigen Donnerstag wieder Heidi Klum auf Pro7.

Das Format Castingshow scheint unendlich zu sein – das Publikum ist es nicht. Zuschauer lassen sich nicht klonen. Wenn’s langweilig wird, schalten sie weg.

Als Roman Lob vergangene Woche zu „Unserem Star für Baku“ gekürt wurde, sahen 2,19 Millionen Menschen zu – das ist die schlechteste Quote, die es je bei einem Grand-Prix-Vorentscheid gab. Lenas Vorentscheid hatten vor zwei Jahren mit 4,5 Millionen mehr als doppelt so viele Menschen gesehen, auch als im vergangenen Jahr ihr Lied „Taken by a stranger“ ausgewählt wurde, waren es noch 3,25 Millionen Zuschauer.

„X Factor“ mit den Juroren Sarah Connor und Till Brönner verfolgten 2010 noch durchschnittlich 2,23 Millionen Menschen, im vergangenen Jahr waren es nur noch 1,94 Millionen. Pro Sieben Sat 1 landete mit „Voice of Germany“ zwar einen Publikumserfolg mit durchschnittlich 4,21 Millionen Zuschauern, doch ausgerechnet beim Finale, das Sängerin Ivy Quainoo gewann, sank der Marktanteil von 24,4 Prozent auf 22,2 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Selbst „Pop-Titan“ Dieter Bohlen schwächelt. Die bisher 13 Folgen der aktuellen neunten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) sahen durchschnittlich 5,54 Millionen Zuschauer, fast eine Million weniger als in den vergangenen beiden Jahren.

„Mehr Gefuhl“ fordert Juror Bruce Darnell von den „DSDS“-Kandidaten, doch auch den Sendern mangelt es offenbar am „Gefuhl“ für die verträgliche Dosis an Castingshows. Nicht nur, was die Musik angeht. Seit vier Wochen zeigt Vox den „Topmodel“-Klon „Das perfekte Model“. Die Jurorinnen Eva Padberg und Karolina Kurkova wollen so etwas die die nette Variante von Klum sein. Aber wie sagte Bohlen einst so schön: „Nett ist die kleine Schwester von scheiße“.

Entsprechend ist die Resonanz: 1,18 Millionen Zuschauerinnen schalteten die dienstags laufende Sendung bislang durchschnittlich ein, bei Heidi Klum waren es im vergangenen Jahr mit 3,11 Millionen mehr als doppelt so viele.

Den Klon-Shows mangelt es beileibe nicht an Kandidaten

Dabei mangelt es all den Klon-Shows nicht an Kandidaten. Tausende, gar zehntausende junge Menschen bewerben sich jedes Jahr aufs Neue für die einzelnen Sendungen. Sie wollen Berühmtsein zum Beruf machen – auch wenn bislang aus keinem Castinggewinner ein echter Star geworden ist, sondern am Ende nur RTLs Recyclinghof „Dschungelcamp“ wartet.

Die Zuschauer wollen ohnehin keinen Star finden, dem sie fortan ewig Treue schwören können. Sie wollen unterhalten werden. Nicht mehr – aber auch nicht weniger. Wird ihnen jedoch von den Showmachern noch nicht mal immer die gleiche Soße, sondern bloß ein fader Abklatsch serviert, dann ist das so wenig sexy wie heulende Model-„Mädchen“, denen drei Zentimeter Haarpracht abgeschnitten wird.

Kein Wunder also, dass die Originale „DSDS“ und „GNTM“ immer noch die besten Quoten holen. Bohlen und Klum bringen die besten Sprüche, machen sich aufs Fieseste lustig, sie zeigen die unterhaltsamste Komposition aus Skandälchen, Schicksalen und Streitereien vor und hinter den Kulissen. All das ist wichtiger als die Auftritte vor der Jury selbst, all das beherrschen Bohlen und Klum perfekt.

Klum, die erneut die Ko-Juroren Thomas Rath und Thomas Hayo an ihrer Seite hat, führt in ihrer neuen Staffel beispielsweise eine „Jurysprechstunde“ ein, in der die „Mädchen“ zu privaten Gesprächen vorbeikommen dürfen, Klum selbst berichtet mit ihrer „Heidi-Cam“ von ihren Erlebnissen hinter den Kulissen. Dass sie sich kürzlich von ihrem Mann Seal getrennt hat, dessen Auftritt aus der Show deshalb herausgeschnitten wurde, dürfte ihr noch mehr Aufmerksamkeit bescheren – und ihrer Konkurrenz womöglich weniger. Drama, Baby.

„Germany’s Next Topmodel“, 20 Uhr 15, Pro7

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