Quadbeck bei Illner zur Impfpflichtdebatte: „Das ist ein Widerspruch, da hat Lauterbach Vertrauen verloren“
RND-Journalistin Quadbeck ist sich sicher, eine allgemeine Impfpflicht werde es nicht geben. Schwesig widerspricht – und verteidigt den Gesundheitsminister.
Vor etwas mehr als einem Monat hat Karl Lauterbach das Amt des Bundesgesundheitsministers angetreten. An Vertrauen aber habe er schon verloren, findet Eva Quadbeck.
Bei Maybritt Illner geht es am Donnerstagabend um die Impfpflicht – und die werde nicht kommen, da ist sich die stellvertretende Chefredakteurin des Redaktionsnetzwerkes Deutschland sicher. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) widerspricht der Journalistin und verteidigt ihren Parteikollegen.
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In ihrer ersten Sendung nach der Winterpause startet Illner mit der Frage „Welle oder Wende – ändert Omikron die Corona-Politik?“ ins neue Jahr. Rede und Antwort standen neben Quadbeck und Schwesig Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), Virologin und stellvertretende Vorsitzende des Corona-Expertenrates der Bundesregierung, Melanie Brinkmann, Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar und ZDF-Korrespondentin Anne Arend.
Der neue Gesundheitsminister sei nicht mehr der „Vertreter der reinen Lehre“, sagt Illner. In seinem Amt angekommen, müsse er nun pragmatische Entscheidungen treffen. Ob Quadbeck es bedauerlich findet, dass er in seiner neuen Rolle nun nicht mehr „Anführer des Teams Vorsicht“ sei, möchte sie wissen.
Bei dem Thema der Verkürzung der Quarantänezeit hätte sie seine Argumentation noch nachvollziehen können, antwortet die Journalistin. In seiner Politik müsse er den Kampf gegen das Virus und den Alltag der Menschen vereinen, in der Hinsicht sei er in seinem Amt angekommen.
„Wo ich ihn überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann, ist beim Thema Impfpflicht. Wo er jetzt die Wende gemacht hat und erst gesagt hat, er legt einen Gesetzentwurf vor und nun keinen Gesetzentwurf vorlegen will.“ Das sei etwas, wo die Leute bestimmt nicht mehr mitkämen. Ob man die Impfpflicht politisch tatsächlich wolle, daran zweifelt die Journalistin. Lauterbach hätte sich an die „Spitze der Bewegung“ stellen müssen. Eine Impfpflicht durchzusetzen werde nun schwer.
Schwesig verteidigt den Gesundheitsminister: „Ich schätze das mit Karl Lauterbach echt anders ein.“ Das sage sie nicht, weil er ihr Parteikollege, sondern ein „richtig guter Gesundheitsminister“ sei.
„Das ist schon ein sehr großer Widerspruch“
Ja, er hätte etwas vorlegen können, sagt die Ministerpräsidentin – wenn die Regierung gesagt hätte, dass sie selbst tätig werde. Doch man habe sich für eine ethische und freie Debatte im Parlament, unabhängig von den Fraktionen, entschieden. Und da müsse man den Abgeordneten zunächst auch diese Möglichkeit geben.
Lauterbach habe am 5. Januar gesagt, dass er einen Vorschlag vorlegen werde, da sei schon mehrere Wochen klar gewesen, dass es ebendiese fraktionsoffene Abstimmung im Bundestag geben solle, erwidert Quadbeck. „Also das ist dann schon ein sehr großer Widerspruch und da hat er einfach Vertrauen verloren“, sagt die Journalistin.
Einen Widerspruch möchte Schwesig an dieser Stelle nicht sehen. In der Sache habe Quadbeck zwar recht – er habe dies gesagt und sicher sei auch, dass viele sich einen solchen Vorschlag des Gesundheitsministers wünschen würden. Doch damit würde er die breite Debatte vielleicht zu sehr überstrahlen, so die SPD-Politikerin.
Seine Entscheidung habe er nachvollziehbar begründet. „Und mir ist es lieber, er sagt und er erklärt es. Und wir haben jetzt einen Gesundheitsminister, der jedenfalls mit uns spricht“, sagt die Ministerpräsidentin mit einem Seitenhieb an Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn.
Eine allgemeine Impfpflicht werde nicht kommen, glaubt Quadbeck
Später in der Sendung kommt Bayerns Gesundheitsminister Holetschek auf die Impflicht zurück. „Wer in Berlin Führung reklamiert, der muss jetzt auch ein Gesetz vorlegen“, sagt er oppositionsgetreu.
Quadbeck erklärt an dieser Stelle, warum sie davon ausgeht, dass wir keine allgemeine Impfpflicht erleben werden. Wenn eine solche politische Wende, wie in der Debatte um die Impfpflicht gemacht werde, müsse man schnell um 180 Grad drehen, sagt die Journalistin und erinnert dabei an den Atomausstieg. Da sei sofort gehandelt worden.
„Und jetzt zerfasert diese Debatte wieder und je länger wir eben von dem Ziel wegsteuern, desto unwahrscheinlicher wird es, dass man diese Impfpflicht noch bekommt.“ Keine der Parteien im Bundestag habe sich in der Debatte mit Ruhm bekleckert, resümiert Quadbeck.
ZDF-Korrespondentin Anna Arend wird zwischendrin aus Paris zugeschaltet. Sie gibt eine Einschätzung zu den südeuropäischen Ländern und deren Impfquoten ab, die deutlich über der der Deutschen liegen. Verschiedene Faktoren würden hier eine Rolle spielen, so Arend, unter anderem ein hohes Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitssystem und seine Ärzte.
Ein Vertrauen, dass man sich in Deutschland nur wünschen könne, stellen die Gäste und die Moderatorin fest. Unfassbar sei es, dass das in Deutschland nicht so sei, sagt Brinkmann und spricht damit wohl vielen aus der Seele.
„Das ist etwas, womit ich nicht gut klar komme. Dieses Narrativ ‚Die Infektion ist etwas Natürliches und was Tolles und viel besser als die Impfung', was ja da draußen kursiert bei einigen Bubbles. Das ist einfach grundlegend falsch. Die Natur ist grausam. Und das haben viele anscheinend vergessen, dass wir durch Impfungen viele Menschenleben gerettet haben.“
Alte Themen, alte Gäste
In der ersten Sendung des neuen Jahres sind die Themen die alten. Die Gäste auch. „Wir können uns den Abend schlecht reden“, wirft Yogeshwar irgendwann während der Sendung ein, so komme man nicht weiter.
Ein Highlight der Talkshow ist wohl aber ein Moment ganz am Ende der Sendung. Es geht um den weiteren Zeitplan der Impfdebatte im Bundestag. „Orientierungsdebatte ist angekündigt für Ende Januar, das klingt in meinen Ohren leider ziemlich orientierungslos“, sagt Illner.
Das sei die nächste Sitzungswoche, danach käme eine lange Pause, erklärt Quadbeck. Denn der Bundestag habe beschlossen, dass wegen Karneval keine weitere Sitzungswoche im Februar angesetzt werden könne. „Wegen Karneval?“, fragt Brinkmann fassungslos. Ja, wegen Karneval, bestätigt Quadbeck. Ob so Vertrauen in das deutsche Parlament gestärkt werde – dieser Frage kann Illner eine ihrer vielen Sendungen widmen, die bis dahin noch laufen werden.
David Rech
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