zum Hauptinhalt
Carsten Sostmeier hat sich in der ARD um Kopf und Kragen geredet.
© Imago

Sostmeier-Skandal: Das bisschen Nazismus

ARD-Experte Carsten Sostmeier soll wieder auf Sendung gehen, nachdem er sich für sein paraphrasiertes Hitler-Zitat entschuldigt hat. Ein Nachrichtenmoderator wäre damit wohl nicht so schnell davongekommen. Doch im Sport gelten offenbar andere Gesetze.

Carsten Sostmeier hat es getan. Der Kraftmeier des olympischen Reitsports hat sich entschuldigt. Der ARD-Experte hatte den Gold-Erfolg der Vielseitigkeitsreiter mit einem paraphrasierten Hitler-Zitat bejubelt: „Seit 2008 wird zurückgeritten.“ Freilich tönt Sostmeiers Entschuldigung ein bisschen falsch: „Es tut mir sehr leid, wenn ich mit meinen Äußerungen für Irritationen gesorgt habe. Ich entschuldige mich dafür“, heißt es in einer Erklärung des verantwortlichen NDR.

Mancher wird jetzt sagen, hier wird eine Korinthe gekackt, aber störend ist die Verwendung des Wörtchens „wenn“, also gleich „falls“. Sostmeier scheint von Irritationen nur auszugehen; das jedoch ist, Entschuldigung, ein böser Irrtum. Es gab und es gibt diese Irritationen, ohne jedes Wenn und Aber. ARD-Teamchef Walter Johannsen hat die Dimension des Geschehens besser erkannt: „Derartige Formulierungen sind Entgleisungen, die nicht passieren dürfen.“ Das sei jetzt auch Carsten Sostmeier klar geworden. Wenn das nächste Mal wieder Reitsport übertragen wird, wird er wieder kommentieren.

Angenommen, einem „Tagesthemen“-Kommentator oder Claus Kleber im „heute-journal“ wären derartige Ausrutscher passiert. Da hätten die Wände gewackelt, mit achselzuckenden Entschuldigungen wäre ein Nazi-Spruch nicht abgetan gewesen. Beim Sport gelten offenbar andere Gesetze. Da darf sich Begeisterung im Kommentar durch Freude Bahn brechen. Gehört doch zur Unterhaltung, Reporter und Kommentatoren sind blitzsaubere Mädels und Buben, die ihre Emotionen nicht im Griff haben.

Wer beim (Fernseh-)Sport ungern, aber doch verzeiht und nur anderswo auf einem Nein beharrt, der öffnet einen Spalt. Da schlüpft der Nazi schneller durch, als es die Gesellschaft erlaubt. In Fußballstadien werden längst innere und äußere Reichsparteitage abgehalten. Das Fernsehen ist dabei.

Joachim Huber

Zur Startseite