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Neue Aufagbe. Am heutigen Montag begrüßt Christian Sievers, 44. die ZDF-Zuschauer zum ersten Mal als Moderator der „heute“-Nachrichten. Der ehemalige Nahost-Korrespondent löst Matthias Fornoff ab, der die Leitung der ZDF-Hauptredaktion Politik und Zeitgeschehen übernommen hat. Sievers arbeitet auch weiterhin für das „heute-journal“, das er seit 2013 für rund 30 Ausgaben im Jahr moderiert.
© ZDF

Gestern Tel Aviv, heute Mainz: „Bloß nicht zopfig sein“

Christian Sievers moderiert ab Montag die „heute“-Nachrichten um 19 Uhr. Ein Gespräch über Adrenalin, Glaubwürdigkeit und Schelte.

Herr Sievers, nach fünf aufregenden Jahren als Korrespondent im Nahen Osten: Wie schwer fiel Ihnen der Wechsel auf den friedlichen Mainzer Lerchenberg?

Am Ende leichter, als ich dachte. Ich sitze zwar mehr hinter einem Schreibtisch, habe aber dafür die ganze Welt im Blick.

Ist es nicht etwas ganz anderes, ob während einer Live-Schaltung hinter einem Raketen aufsteigen oder man die Sekretärin in einer Sitzung um Kaffee bittet?

Den Kaffee ziehe ich mir am Automaten. Da hat sich nichts geändert. Und das Reporterherz wird auch im Studio weiter schlagen. Vieles von dem, was ein Reporter können muss, macht auch einen Moderator aus: Nachhaken, klare Worte finden. Die täglichen Herausforderungen in einem Krisengebiet sind etwas ganz Spezielles, klar, aber unterschätzen Sie nicht, wie aufregend eine Fernsehredaktion ist, gerade bei „breaking news“. Als Nelson Mandela starb, habe ich das „heute-journal“ moderiert. Wir wollten eine Sendung machen, die überrascht und diesem Mann gerecht wird. Sie glauben gar nicht, wie viel Adrenalin Sie da plötzlich im Blut haben.

Haben Sie keine Angst, mit Ihrer Energie und Leidenschaft „heute“ zur Explosion zu bringen?

Energie und Leidenschaft sind ja nicht schlecht, aber „heute“ braucht keine Explosion. Die Sendung ist seriös und glaubwürdig – das ist ein gutes Fundament. Verlässlichkeit, darum geht es, nicht um Zirkus. Wenn Ihnen keiner mehr glaubt, ist die Nachrichtensendung mausetot.

Wenn wir Ihnen noch ein Kompliment machen dürfen: Wir glauben, dass Sie mit Ihrer kompakten Ausstrahlung perfekt zu „heute“ passen.

Was meinen Sie denn mit „kompakt“?

Dass von Ihnen eine gewisse Energie ausgeht, die der Sendung sicher nicht schaden wird.

Alle meine Kollegen bringen da enorme Energie ein. „Kompakte Ausstrahlung“, vielen Dank, das hat noch keiner zu mir gesagt. Und das ist eigentlich auch nicht das, worum es mir geht.

Wie werden Sie die „heute“-Nachrichten präsentieren?

Ich glaube, dass es im täglichen Nachrichten-Wahnsinn einen roten Faden braucht. Wir müssen klarmachen, was wirklich wichtig ist, und was nicht. Wo Zusammenhänge bestehen, wie eine Situation sich entwickelt. Gerade in einer Zeit, in der News-Häppchen immer und überall verfügbar sind. Wenn der Zuschauer nach 20 Minuten sagt, ich fühle mich sehr gut informiert und Ihr habt mich vielleicht sogar für Dinge interessiert, die ich vorher ignoriert habe, dann bin ich hochzufrieden.

Wie wichtig nehmen die Zuschauer den Moderator?

Der Moderator ist Gesicht der Sendung, Bote. Und wichtiger Kontakt zum Zuschauer. Aber wir machen ja keine Show! Das Allerwichtigste sind und bleiben die Nachrichten.

Wie waren die Reaktionen des Publikums, als Sie das „heute-journal" moderierten?

Ich habe häufiger gehört, ich würde die Dinge klar und eindeutig auf den Punkt bringen. Und darüber habe ich mich gefreut. Bloß nicht „zopfig“ sein, das war das Credo meines ersten Chefs beim Radio. Der hatte gut zu tun, um aus meinen Manuskripten all die Füllwörter und abgedroschenen Formulierungen rauszustreichen. Beschreiben im Aktiv. Journalismus ohne Floskeln. Eine harte Schule. Aber sehr wichtig.

Gibt es in der „heute“-Redaktion so etwas wie Selbstkritik?

Aber klar. Das nennt sich „Schelte“. Direkt nach jeder Sendung stehen wir zusammen und diskutieren, was gut war und was schiefgelaufen ist.

Geht’s da hart zur Sache?

Das kann passieren. Aber es bleibt fair. Ich bin in der glücklichen Lage, sehr nette Kollegen zu haben. Das ist wahnsinnig wichtig. Wenn sie in einem Intrigantenstadl arbeiten müssen und schon auf dem Weg ins Büro täglich die Krise kriegen, kann nichts dabei rauskommen.

Dürfen wir uns mit Ihnen als neuem Moderator auf Überraschungen freuen?

Wenn Sie hoffen, ich würde allabendlich Kaninchen aus dem Hut zaubern, muss ich Sie enttäuschen. Aber informative und spannende Sendungen dürfen Sie erwarten, die durchaus auch mal mit einem anderen Rhythmus oder Tempo überraschen. Und vergessen wir nicht die Möglichkeiten der digitalen Welt. Das vielseitige Studio, die immer unkompliziertere Übertragungstechnik, die Verknüpfung mit sozialen Netzwerken, da haben wir viele interessante Ideen.

Wir müssen also nicht befürchten, dass ab heute bei „heute“ alles anders wird.

Keine Angst! Es kommt ein neuer Moderator, nicht die Revolution.

Das wird vor allem die älteren unter den „heute“-Zuschauern beruhigen.

Ich mache die Sendung weder speziell für Ältere noch extra für Jüngere. Ich versuche einfach, eine gute Nachrichtensendung zu machen. Das ZDF ist in der glücklichen Lage, mit eigenen Kameras auf der Welt unterwegs zu sein und daher viele Bilder exklusiv zu haben. Und wir leisten uns den wichtigen Luxus, nicht immer nur den kurzen Augenblick abzubilden, sondern auch über einen längeren Zeitraum am Ball zu bleiben. Ein Pfund, das „heute“ ein ganz eigenes Profil verleiht.

Sind Sie eigentlich der Herr der Sendung, bestimmen Sie, wo es langgeht?

Eine Nachrichtensendung im Fernsehen funktioniert nur in Teamarbeit. Das schließt Diktatoren aus.

Sie arbeiten also in der besten Nachrichtensendung der Welt beim besten Sender der Welt. Gibt es überhaupt noch etwas zu verbessern?

Herzlichen Dank für die tollen Komplimente, sehr nett von Ihnen! Aber was soll das denn sein: die beste Nachrichtensendung der Welt? So etwas gibt es nicht. Es geht darum, jeden Tag aufs Neue sein Bestes zu geben. Das klappt mal besser, mal weniger gut.

Ist die Moderation von „heute“ für Sie ein Job wie jeder andere?

Als Kind musste ich nach „heute“ um 19 Uhr ins Bett. Meine Erinnerung an die Sendung beginnt lange bevor überhaupt klar war, dass ich mal beim ZDF arbeiten würde. An einem meiner ersten Tage dort bin ich Claus Seibel begegnet, dem Grandseigneur der Fernsehnachrichten, der 30 Jahre lang „heute“ moderierte. Er sagte einfach: „Guten Tag, lieber Kollege“. Das habe ich nicht vergessen. Und dass ich jetzt gewissermaßen auf seinen Spuren wandeln darf, ist nicht nur Herausforderung, sondern auch Ehre.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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