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Tot oder lebendig? Das Publikum bangte um Kommissar Franz Leitmayr. Jetzt war er wieder fit.
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Fakten und Fiktion: Betrügt uns bei Pseudodokus und beim "Tatort"!

Transparenz-Regeln für Scripted Reality: Aber will das Fernsehpublikum tatsächlich wissen, was wirklich, was Fake ist? Nein!

Eine Frage an alle, die fernsehen: Muss das Fernsehen vor dem Publikum geschützt werden oder das Publikum vor dem Fernsehen? Die rechtschaffene Mehrheit wird natürlich sagen: das Publikum vor dem Fernsehen! Deshalb braucht es Handlungsanweisungen. Die Landesmedienanstalten als Aufsichtsorgane des Privatfernsehens haben sich mit den Sendern auf eine neue Leitlinie verständigt. Scripted-Reality-Formate sollen künftig als SR-Formate gekennzeichnet werden. Beispielsweise die „Verdachtsfälle“ bei RTL, eine Pseudodoku wie andere über Leben in Deutschland, das sich Autoren ausgedacht und aufgeschrieben haben. Schauspielerei und Inszenierung suggerieren, dass es in der deutschen Wirklichkeit genauso krass, laut, schräg zugeht, wie es die SF-Formate vorführen. Im Kern ist das Fake-TV, abgemischt auf den Effekt, dass das Publikum dieses frei erfundene Grusel-Fernsehen für bare Münze nimmt.

Sinn und Unsinn der Transparenzrichtlinie

Die neue Transparenzrichtlinie soll dem Zuschauer Orientierung geben. Wird schwer. Liest irgendeiner Abspänne? Will irgendeiner wissen, dass sein Fernseherlebnis auf fremder Leute Simulation beruht? Soll bitte keiner glauben, dass nur das Proll-Publikum seinen Programmen in Treu und Glauben ergeben ist. Auch der „Tatort“-Fan“ will unbedingt an das Sein im Krimi-Schein glauben. Im Münchner „Tatort: Am Ende des Flurs“ lag der niedergestochene Kommissar Leitmayr in seinem Blut. Im nächsten Krimi fahndete Leitmayr wieder putzmunter. Zuschauer mokierten sich über die Wunderheilung. Sie sind auf die Fiktion reingefallen. Wäre alles echt, wäre das Fernsehen ein Ort des Massenmords.

Worauf sich Privatfernsehen und „Tatort“ unbedingt verlassen können: Das Fernsehpublikum will betrogen sein. Pseudo ist die neue Wahrheit.

Joachim Huber

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