Hass-Posts auf Facebook: "Beleidigungen und Volksverhetzung sind ein Kündigungsgrund"
Hass-Posts auf Facebook sind arbeitsrechtlich genauso einzuordnen wie eine Botschaft am Schwarzen Brett eines Unternehmens und damit in jedem Fall ein Kündigungsgrund. Ein Interview mit der Berliner Arbeitsrechtlerin Alexandra Henkel.
Frau Henkel, die Facebook-Seite „Perlen aus Freital“ hat die Verfasser einiger fremdenfeindlicher Hass-Kommentare mit ihren Arbeitgebern in Verbindung gebracht, was wiederum zu einigen Kündigungen geführt hat. Wann sind solche Posts nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt?
Die Meinungsfreiheit endet dort, wo das Strafrecht beginnt, also in der Flüchtlingsdiskussion bei Volksverhetzung, rassistischen Äußerungen oder Beleidigungen.
Aus der Sicht der Arbeitsrechtlerin. Reicht die Verwendung des Begriffs Neger für eine Kündigung aus?
Das wäre dann denkbar, wenn der Begriff, der vom Wortsinn schwarz oder dunkel heißt (aus dem lateinischen „niger“), als solcher schon zweifelsfrei diskriminierend oder beleidigend wäre. Hier gibt es bislang unterschiedliche Gerichtsentscheidungen. Der Begriff wird aber jedenfalls dann zur Diskriminierung oder Beleidigung, wenn er im Zusammenhang mit anderen Äußerungen oder im Gesamtzusammenhang eindeutig beleidigend oder diskriminierend ist.
Wann werden solche Äußerungen zum Kündigungsgrund?
Zum Grundsatz: „Fremdenfeindlichkeit“ als solche ist zu unspezifisch und so kein Straftatbestand. Dass so etwas geäußert werden darf, gehört letztlich auch zur Demokratie. Für eine Kündigung muss es schon in Richtung Volksverhetzung, Beleidigung oder Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft oder Religion gehen.
Was muss sonst noch gegeben sein, damit sich ein Unternehmen von einem Mitarbeiter trennen kann?
Es kommt unter anderem darauf an, in welchem Umfeld sich der Mitarbeiter geäußert hat, ob das im privaten Bereich war oder im Betrieb selbst. Straftaten wie Beleidigungen oder Volksverhetzung im Betrieb rechtfertigen in jedem Fall eine Kündigung. Beim außerdienstlichen Verhalten wird es komplizierter, weil es zuerst einmal privat ist. Nur wenn das Arbeitsverhältnis dadurch berührt wird, dass die Interessen des Arbeitgebers betroffen sind oder es Auswirkungen auf den Betriebsfrieden hat, darf über eine verhaltensbedingte Kündigung nachgedacht werden.
Wo verläuft denn die Linie zwischen privat und öffentlich, wenn es um Facebook oder Twitter geht?
Auch dort wird zwischen Veröffentlichungsgraden unterschieden. Wenn ich etwas öffentlich poste, für „jedermann“ sichtbar, dann ist das so, als wenn ich eine Anzeige in der Tageszeitung schalte oder etwas im Unternehmen ans Schwarze Brett hefte. Und in den Gerichtsfällen, über die berichtet wurde, hatten das ebenfalls nicht nur zwei, drei Freunde gesehen, sondern es waren auch andere Mitarbeiter verlinkt. Damit wird es zu einer betrieblichen Äußerung.
Und wie verhält sich ein Arbeitgeber richtig, wenn er mitbekommt, dass sich ein Mitarbeiter fremdenfeindlich äußert, ohne dass es strafrechtlich relevant ist?
Jedem Arbeitgeber ist es natürlich unbenommen, mit seinen Mitarbeitern Gespräche zu führen und – unabhängig von der rechtlichen Wertung – über Verhaltensweisen zu sprechen. Letztlich ist jeder Mitarbeiter ja auch Repräsentant des Unternehmens. Rein rechtlich wird es für die Frage, ob der Arbeitgeber ermahnen, abmahnen oder gar kündigen kann, immer darauf ankommen, ob das Arbeitsverhältnis und die Interessen des Arbeitgebers betroffen sind.
Wie kann ich mich als Arbeitnehmer wehren, wenn eine Firma nur einen Vorwand sucht, sich von einem missliebigen Angestellten zu trennen?
Hier kann man erst durch eine Klage vorgehen, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist. Wenn ein Arbeitnehmer eine Ermahnung, Abmahnung oder Kündigung erhält, die nach seinem Dafürhalten nicht rechtmäßig ist, dann muss er dagegen gerichtlich vorgehen. Im Vorfeld kann er nur Gespräche suchen, also zum Beispiel auch eine Mediation anbieten.
Das Interview führte Kurt Sagatz.
Alexandra Henkel ist Arbeitsrechtlerin und Partnerin im Berliner Büro der Kanzlei FPS.