Deutsche Muslime: ARD-Doku schildert Moschee-Streit in Köln
Der Dokumentarfilm „Allah in Ehrenfeld“ beschreibt den Dauerstreit um die Moschee in Köln Ehrenfeld. Regisseurin Birgit Schulz lässt die Bauherrin, den Bürgermeister, aber auch Islam-Kritiker Wort kommen.
Köln habe den Dom und auch eine schöne Synagoge, sagt die junge Türkin Afife im Jahr 2007. Jetzt wünsche sie sich, „dass es auch mal was zum Bewundern gibt von der islamischen Seite“. Fünf Jahre und etliche hitzige Debatten später ist Afifes Wunsch wahr geworden, die Kölner Zentralmoschee steht vor der Fertigstellung. Die ARD bringt dazu am Dienstagabend die Dokumentation „Allah in Ehrenfeld“.
Sie ist zweifellos mehr als ein imposantes Bauwerk aus Beton und Glas, mit 55 Meter hohen Minaretten und einer teilweise transparenten Kuppel, die einen Blick in den Himmel ermöglicht – und von außen hinein. Das weithin sichtbare Gotteshaus nahe der Innenstadt soll der ganze Stolz der Muslime wenigstens in Nordrhein-Westfalen werden, aber auch ein Symbol für einen offenen Islam, für gelungene Integration. Mehr als 30 Millionen Euro wird der Bau am Ende kosten. Bauherrin ist die Türkisch-Islamische Union (Ditib), die als gemäßigt gilt, aber der türkischen Religionsbehörde untersteht. 2013 soll die vom Kölner Kirchenbau-Architekten Paul Böhm entworfene Moschee eröffnet werden.
Neben den Bewunderern gab es freilich von Anfang an auch erbitterte Gegner, von Islam-Kritiker Ralph Giordano über alteingesessene Anwohner im Stadtviertel Ehrenfeld bis hin zu den Rechtsextremen der im Kölner Rat vertretenen Splittergruppe Pro Köln. Grimme-Preisträgerin Birgit Schulz („Die Anwälte“) hat die Auseinandersetzungen seit 2007 begleitet und beginnt ihren knapp 90-minütigen Dokumentarfilm mit einem Bekenntnis aus dem Off. „Ich finde es richtig, dass auf dem heruntergekommenen Gelände ein würdiges Gebetshaus gebaut werden soll“, sagt sie, während die Kamera durch das schäbige Fabrikgebäude streift, in dem die Muslime Ehrenfelds bislang beteten. Die türkischen Männer hätten sie ausnahmslos gastfreundlich empfangen, „ohne das befürchtete Macho-Gehabe“. Nun fühle sie sich in ihren Vorurteilen ertappt und überraschender Weise „geborgen in dieser Welt, die mir vorkommt, als sei sie gar nicht in Deutschland“.
Ein solcher Mitteilungsdrang als Ich-Erzählerin ist eine zwiespältige Sache. Muss man das wirklich wissen? Der Autorin scheint diese Rolle selbst nicht ganz geheuer zu sein, denn sie geht mit diesem Stilmittel sehr sparsam um und vertraut der Aussagekraft ihrer Bilder. Und der Ausdruckskraft ihrer Protagonisten. „Nicht die Moschee, der Islam ist das Problem“, sagt Ralph Giordano. Dass sich dieses Gefühl ungeachtet einer anderen Mehrheitsmeinung in der Politik Ventile sucht, hat auch der Streit um die Kölner Moschee bewiesen. Birgit Schulz versteht es, den Aufprall der Gegensätze, Ansichten und Aggressionen unaufgeregt, weitgehend unkommentiert und zu allen Seiten hin offen abzubilden. Mal abgesehen von der Pro-Köln-Fraktion, die die Autorin ebenso zutreffend wie klar „nationalistisch gesinnte Rassisten“ nennt.
Der Film schildert die wesentlichen Ereignisse, bis hin zum Krach zwischen Architekt Böhm und den Bauherren von der Ditib. Zugleich konzentriert sich Schulz auf einige Protagonisten, schwebt mit dem begeisterten Böhm in luftiger Höhe über der Baustelle, begleitet Kritiker Giordano beim Besuch der Übergangs-Moschee, hört der vom Rechtfertigungsdruck genervten Ditib-Sprecherin Ayshe Aydin zu, würdigt die Hartnäckigkeit des Moschee-Befürworters Josef Wirges, des Bezirksbürgermeisters und SPD-Politikers. „Unsere Moschee“, schmettert der impulsive Wirges bei der Grundsteinlegung ins Mikrofon. Er stammt aus dem Viertel, in dem ihn nun mancher für einen Vaterlandsverräter hält, der – so ist das im katholischen Köln – ins Fegefeuer gehört. Aber die kölschen Türken jubeln.
„Allah in Ehrenfeld“, 22 Uhr 45, ARD