Neuer RBB-"Polizeiruf 110": Alles Oder, oder was?
Nach dem Abschied von Horst Krause geht der RBB-"Polizeiruf 110" an die deutsch-polnische Grenze. Lucas Gregorowicz spielt einen Kommissar mit polnischen Wurzeln und deutschem Pass.
Der „Polizeiruf 110“ des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) geht an die Grenze. Was nur Rhetorik sein könnte, wird Realität. Mit dem Abschied von Horst Krause als Brandenburgs letztem Dorfbullen am vergangenen Sonntag verschiebt sich der Krimi. Kriminalhauptkommissarin Olga Lenski (Maria Simon) wird nach der Schließung der alten Polizeidirektion in Potsdam nach Frankfurt an der Oder versetzt – in die erste deutsch-polnische Mordkommission, in der Ermittlergruppen aus beiden Ländern zusammenarbeiten, um grenzübergreifende Verbrechen zu verfolgen.
Lenski bildet mit Kriminalhauptkommissar Adam Raczek ein Team, er hat polnische Wurzeln und einen deutschen Pass. Dieser biographische Umriss wird im neuen, alten „Polizeiruf 110“ quasi passgenau besetzt: Lucas Gregorowicz, 1976 in London geboren, ist in Polen und in Bochum aufgewachsen. Einem größeren Publikum wird der Schauspieler im ZDF-Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ und in der aktuellen ARD-Serie „Vorstadtweiber“ aufgefallen sein. Gregorowicz sagte beim Pressegespräch am Mittwoch, er freue sich auf seine Rolle, auch weil er über die Zuschreibung – Deutscher mit polnischer Herkunft – „an dieser kulturellen Identität arbeiten“ könne.
Cooky Ziesche, Leiterin Film im RBB-Fernsehen, sagte, der „Polizeiruf“solle bei aller Krimi-Fiktion so authentisch, so zeitgemäß wie möglich sein. Ein Kennzeichen dafür werde die Dienststelle der ersten deutsch-polnischen Mordkommission (noch Fiktion) sein: das „Gemeinsame Zentrum der deutsch-polnischen Polizei- und Zollzusammenarbeit“ (GZ) im polnischen Swiecko bei Slubice (schon Realität). Polizeioberrat Ulf Buschmann ist deutscher Koordinator im GZ-Stelle Nach seiner Aussage ist die Sprache das größte Problem bei der Zusammenarbeit, dann kämen die unterschiedlichen Mentalitäten. Buschmann berät die Produktion bei den Vorbereitungen, er ist quasi der „Realitätschecker“.
Alleinerziehende Kommissarin trifft auf katholischen Kommissar
Die tagtäglichen Schwierigkeiten – intern wie extern – bei Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten an der deutsch-polnischen Grenze sollen auch das Verhältnis von Olga Lenski und Adam Raczek prägen. Lenski, die alleinerziehende Mutter mit einem quecksilbrigen Ex im Hintergrund, trifft auf Raczek, einen Jungdynamiker Ende 30, tatkräftig, katholischer Kirchgänger, mit einem klaren Frau-Mann-Bild: Frau mit Kindern zu Hause, Mann verdient das Geld.
Da soll, da wird es kräftig rauschen, gehen die Emotionen hoch, wird passieren, was selten passieren soll: Raczek spricht polnisch. Das wird dann deutsch untertitelt, ein Novum im 20-Uhr-15-Krimi. Cooky Ziesche weiß um das Problem, dass das deutsche Publikum Untertitel nicht gewohnt ist und davon irritiert sein könnte. Das Mittel soll entsprechend sparsam eingesetzt werden.
Das aktuelle Verhältnis zwischen Deutschen und Polen ist weniger von tiefer Völkerfreundschaft denn von achselzuckendem Nebeneinander geprägt. Auch damit will der künftige „Polizeiruf 110“ des RBB spielen. Freilich sollen nicht deutsche und polnische Musterfrauen und Mustermänner aufeinander treffen, sondern lebenswirkliche Menschen. Ja, es werden Klischees auftauchen, die aber, so Ziesche, wie die Verständigungsprobleme „witzig und ironisch“ daherkommen werden. Lucas Gregorowicz hat keine Angst davor, „Dinge zu erzählen, die im besten Sinne Klischees sind, weil sie wahr sind“.
Maria Simon, die mit Horst Krause acht Mal vor der „Polizeiruf“-Kamera stand, betonte, „wir gehen jetzt an die deutsch-polnische Grenze und tauchen dort in eine härtere Welt, vor der ich großen Respekt habe“. Der neue Krimi werde ganz anders als der bisherige „Polizeitruf 110“, der erste Fall sei hochaktuell und rasant. Der Aufbruch schafft Umbruch, die durchaus getragene Erzählung wird stark an Tempo gewinnen, möglich, dass die Neigung zur Dörflichkeit gegen Unruhe und Hektik eingetauscht wird.
Die Dreharbeiten für den erneuerten „Polizeiruf 110“ beginnen demnächst, Premiere für „Bis aufs Blut“ (so der Arbeitstitel) soll noch in diesem Jahr sein, das polnische Fernsehen hat schon Interesse an einer Ausstrahlung gezeigt. Unabhängig vom tatsächlichen Ergebnis zeugt der annoncierte Zuschnitt des RBB-„Polizeirufs 110“ vom neuen Krimi-Mut des Senders. Mut, der auch den jüngst gestarteten „Tatort“ mit Meret Becker und Mark Waschke auszeichnete. Da war in der Auftaktfolge alles, vielleicht schon zu viel drin: Sex, Drugs & Rock’n’Roll. Diese Grenze ist gefallen, jetzt ist der „Polizeiruf 110“ dran.
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