Der Dino unter den Betriebssystemen: Achtung: Die Zeit für Windows XP läuft ab
Jetzt läuft der Countdown: Nach dem 8. April wird das Betriebssystem Windows XP zum unkalkulierbaren Risiko. Noch läuft das System auf mehreren Millionen Computern in Deutschland.
Windows XP ist ein echtes Kuriosum. Seit 2001 im Einsatz ist es der Dinosaurier unter den Computerbetriebssystemen. Trotz des hohen Alters laufen in Deutschland Schätzungen zufolge noch immer zwischen zehn und zwanzig Prozent aller Computer von Privatleuten sowie kleinen und mittleren Firmen mit dieser Software – und damit mehr als mit dem neuestem Windows. Doch Windows XP weist noch eine andere Besonderheit auf: Es ist das einzige Betriebssystem, vor dessen Einsatz der Hersteller ausdrücklich warnt. „Am 8. April stellen wir den letzten Patch bereit. Danach wird Windows XP extrem anfällig für Hackerattacken sein. Wir raten dringend dazu, auf ein anderes System umzusteigen“, sagt Microsoft-Sprecherin Irene Nadler dem Tagesspiegel. Und damit kein Windows-XP-Nutzer das Datum verpasst, poppt seit Anfang März regelmäßig ein Fenster auf dem Computerbildschirm mit dem Countdown auf.
Die Warnung ist mehr als eine Marketingaktion zur Verkaufssteigerung neuer Windows-Versionen. Selbst unabhängige Sicherheitsexperten wie das Magdeburger Virenschutzlabor AV-Test teilen die Befürchtung, dass Computer mit Windows XP bereits kurz nach dem Stichtag in nicht einmal drei Wochen zum unkalkulierbaren Sicherheitsrisiko werden können. Danach bleiben neu entdeckte Sicherheitslücken ungesichert. Zudem wird damit gerechnet, dass Cyberbetrüger bereits jetzt Kenntnis von ansonsten unbekannten Schwachstellen haben. Dem Ausspähen von Kennungen, Passwörtern und anderen Kontodaten ist damit genauso Tür und Tor geöffnet wie der kompletten Übernahme der XP-Computer, um damit massenhaft Spam-Mails und Viren zu versenden.
Viele Nutzern sind bis zuletzt mit Windows XP zufrieden
Die große Zahl von bis zu acht Millionen Computern in Deutschland, die noch immer mit Windows XP laufen, resultiert nicht zuletzt daraus, dass viele Nutzer dieses System als absolut ausreichend empfinden. Zwar wurden bei neueren Windows-Versionen viele Detailverbesserungen und Erleichterungen eingeführt, aber im Grundsatz enthielt ein XP-Computer bereits alle nötigen Funktionen für den Office-Einsatz, das Surfen im Internet oder zum Verschicken von E-Mails und die Erledigung von Online-Bankgeschäften. Die zahlreichen Verbesserungen der Sicherheitsfunktionen, die es seither gegeben hat, sind demgegenüber für die Nutzer nicht direkt erkennbar. Aus Verbrauchersicht stellt sich die Frage, ob die Hersteller von Computerprogrammen nicht dazu verpflichtet werden sollten, ihre Produkte so lange zu unterstützen, wie eine hinreichend große Zahl von Verbrauchern sie noch einsetzt. Die Politik hat das Thema auf dem Schirm, allerdings gelten gesetzliche Änderungen des Vertragsrechts als besonders kompliziert. Das Thema betrifft nicht allein Microsoft und den Dauerbrenner Windows XP. Vor allem für Unternehmen werden viele Programme speziell geschrieben, die dann über einen langen Zeitraum im Einsatz sind.
"Windows XP entspricht nicht mehr heutigen Anforderungen."
„Windows XP wurde bereits in den späten 90er Jahren entwickelt und entspricht weder vom Produktdesign noch von der Sicherheitsarchitektur den heutigen Anforderungen“, sagt Oliver Gürtler, Leiter des Geschäftsbereichs Windows bei Microsoft Deutschland. Eine weitere Verlängerung der Unterstützung kommt für ihn nicht infrage. Selbst der kostenpflichtige Support läuft endgültig aus. Ausnahmen macht das US-Unternehmen nur bei Firmenkunden, die durch das Ende der Unterstützung in eine Notsituation geraten. Diesen Unternehmen hilft Microsoft, ihre XP-Computer vor Angriffen aus dem Internet zu schützen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ein Migrationsplan für die Umstellung auf ein neues System erstellt wird. Nötig ist dies zum Beispiel in der Bundestagsverwaltung, in der 5400 Rechner noch immer mit dem XP-Altsystem laufen. Aber auch die deutschen Banken sind in der Pflicht. Bis vor kurzem waren über 90 Prozent der Geldautomaten mit Windows XP ausgestattet.
Doch was sollen die Besitzer von XP-Computern nun tun? Als Faustformel gilt: Wurde der Computer nach 2007 angeschafft, bestehen gute Chancen, dass darauf auch die aktuellen Windows-Versionen laufen. Microsoft stellt ein kostenloses Ratgeberprogramm zur Verfügung, das die Kompatibilität prüft und Empfehlungen zum Umstieg gibt. Aus Sicherheitsgründen rät Microsoft zur neuesten Windows-Version 8.1. Viele Nutzer bevorzugen jedoch die Vorgängerversion 7. Aus Supportsicht spricht nichts dagegen, denn die Unterstützung für Windows 7 endet erst im Jahr 2020. Bei Computern, die älter als sieben Jahre sind, bleibt nur die Anschaffung eines neuen PCs oder Laptops. Immerhin gibt es Programme wie den Laplink PC Mover, die den kompletten Umzug der Daten und auch von einigen Programmen – so sie vom neuen Windows-System unterstützt werden – erledigen. Zusätzlich zum Windows-Upgrade kann aber auch ein Wechsel zu einem Alternativsystem wie Apple oder Linux infrage kommen. Kurt Sagatz