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Robert Erkan, Gründer des "Forums Gemeinsames Hanau", ist nun Opferbeauftragter der Stadt.
© Sebastian Leber

Opferbeauftragter von Hanau: „Könnten die Verstorbenen noch sprechen, würden sie sagen: Lernt aus dieser Tat“

Nichts wird in Hanau mehr so sein wie vor dem Anschlag, sagt Robert Erkan. Im Interview spricht er über Traumata, schlechte Tage – und Trotz.

Robert Erkan ist einer der Opferbeauftragten der Stadt Hanau, hat mit fast allen Angehörigen der Opfer und Augenzeugen des rechtsextremen Anschlags vom 19. Februar mit 11 Toten, darunter der Täter. Heute wird bei einer Trauerfeier zu der auch Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeiner erwartet werden, der Opfer gedacht.

Herr Erkan, sie sitzen für das Forum Gemeinsames Hanau (FGH) im Hanauer Stadtparlament, waren lange im Ausländerbeirat aktiv, sind tief verwurzelt in Hanau. Wie erleben Sie Ihre Stadt in diesen Tagen?

Schockiert. Hanau hat sich verändert. Es wird deutlich: Hanau wird nie mehr so sein, wie es vor dem 19. Februar war. Ich habe mit so vielen Menschen gesprochen nach der Tat, mit den Opferfamilien, mit Anwohnern, mit städtischen Mitarbeitern, Gremiumsmitgliedern. Wir alle werden heute trauern. Ab morgen aber werden wir neu beginnen. Wir werden über Traumatisierung sprechen müssen, über die rechte Szene und über Alltagsrassismus. Die wichtigste Frage, die sich stellt, ist aber: Wie gehen wir künftig miteinander um?

Wird aus dem Städtenamen Hanau jetzt eine Chiffre – als Ort für rechten Terror?

Dieses Attentat wird Bestandteil der DNA von Hanau bleiben, wir können das nicht ausradieren. Im Moment erleben wir hier alle eine Phase der Lähmung. Aber wenn wir eine gewisse Flughöhe erreicht haben, also mit etwas Abstand auf diese Tat blicken können, dann werden wir alles tun, um die Tat, so schrecklich sie war, auch als Chance begreifen: als Chance, ein Zeichen zu setzen, über die Stadtgrenzen hinaus.

Was für ein Zeichen wollen sie setzen?

Ich will die Opfer nicht instrumentalisieren, aber wenn man sich vorstellt, die Verstorbenen würden noch sprechen, dann würden Sie, davon bin ich überzeugt, sagen: Lernt aus dieser Tat! Das ist die Verpflichtung, die wie als Stadt haben. Es geht darum, einen Zusammenhalt trotz Unterschiedlichkeit zu schaffen. Wir müssen streiten - aber weil wir ein Miteinander wollen. Das muss die Klammer sein, die alles zusammen hält.

Sie arbeiten auch als Opferbeauftragter – was versuchen Sie für die Opferfamilien zu bewirken?

Das kann man so direkt nicht sagen, weil das bei allen Opfern individuell ist. Wir versuchen die direkten Bedürfnisse der Angehörigen zu ermitteln und diese in Leistungen umzusetzen. Dabei ist es wichtig, dass wir sensibel sind gegenüber den Menschen, die uns da gegenübersitzen, alle haben mal bessere Tage und mal schlechtere Tage, mal bessere Stunden und mal schlechtere. Und so sind die Bedürfnisse auch sehr unterschiedlich.

Über 40 Prozent der Hanauer haben einen Migrationshintergrund. Spüren Sie Angst bei diesen Menschen?

Es ist schwierig, das von außen und für alle zu beantworten, auch die Angst ist etwas Individuelles. Sicherlich spüren einige aus der Community eine latente Angst. Andererseits dürfen wir aber die Resilienz der Menschen nicht unterschätzen. Diese Gesellschaft ist stark genug, diese Angst am Ende zu besiegen.

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