Star-Kochbuch-Autorin Donna Hay: Ihre dunkle Seite ist schokoladig
Donna Hay ist eine der erfolgreichsten Koch- und Backbuch-Autorinnen. Bislang waren einfache Rezepte ihr Markenzeichen, jetzt macht sie alles anders.
Simplify!, lautet das Gebot der Stunde. Jamie Oliver serviert die „5-Zutaten-Küche“, selbst Ottolenghi macht es seinen Fans im neuen Kochbuch, „Simple“, einfach. Und was macht Donna Hay? Das Gegenteil. Dabei gilt die Australierin als Pionierin auf dem Gebiet des guten Fast Foods, wurde in den neunziger Jahren berühmt für ihre flotte, dabei eindruckschindende Küche. „Keine Zeit zum Kochen“, „The New Easy“, „Schnelle Küche für Gäste“ hießen ihre Bücher. Originelle Rezepte, häufig mit asiatischem Einschlag, viel Gemüse, leicht und erfrischend in Szene gesetzt. Weiß und Pastellblau, auch „Hay-Blau“ genannt, wurden zu ihrem Markenzeichen.
Und jetzt das! Ein Backstein von einem Buch, groß, schwer und braun. Weil es, wie Donna Hay beim Gespräch in Berlin sagt, so gut zum Inhalt passt. In ihrer Backbibel „Modern Baking“ steckt nämlich viiiel Schokolade. Außerdem Butter, Eier, Sahne, Double Cream, Karamell ... Heavy stuff. All das auf dunklerem Papier mit mehr Struktur zu servieren, fand sie „einfach schön“. Allein die Fülle der Bindestrich-Konstruktionen verrät etwas über die Komplexität der Rezepte: knusprige Schoko-Karamell-Schichttorte, Ricotta-Zimt-Cheesecake-Pastetchen, Dattel-Donuts mit Gewürzzucker...
Von ihren Büchern wurden sechseinhalb Millionen Exemplare verkauft
Frische Datteln sind zur Zeit ihre Lieblingszutat. Die haben mehr Ballaststoffe als weißer Zucker, erklärt sie, sind gut für ihre beiden Jungs, die ihr alles aus der Hand und aus dem Kühlschrank fressen. Früher haben sie die berühmten Brownies ihrer Mutter auf dem Schulhof verkauft. Heute essen die Teenager die alle selber auf.
Hay ist eine alte Häsin. Das erste ihrer 27 Kochbücher hat sie mit 24 veröffentlicht, seitdem sechseinhalb Millionen Exemplare auf der ganzen Welt verkauft. Jetzt hat man fast den Eindruck, als wolle sie sich noch mal neu erfinden. „Ich war reif für was Neues“, sagt die alleinerziehende Mutter, die ihren blonden Pferdeschwanz mal zur linken, mal zur rechten Seite wirft, so dass er den Hals umschmeichelt. Ihre Zeitschrift hat sie in diesem Sommer nach 100 Ausgaben eingestellt. 17 Jahre, fand sie, reichten. Zum ersten Mal nach Jahrzehnten hat sie sich wieder aufs Surfbrett gestellt, und einen neuen Partner hat sie auch.
Zum Kaffee bestellt sie sich beim Roomservice Mandelmilch. Nicht, dass sie auf Kuhmilch generell verzichtet, feste Regeln mag sie nicht. „Aber wenn man älter wird, möchte man so lange leben, wie es geht“, sagt die 48-Jährige und lacht. An diesem nass-grauen Berliner Montagmorgen trägt sie, nein, kein Braun, sondern ziemlich viel Weiß, dazu High-Heel-Sandalen aus kariertem Tweed. Keine Ahnung, wie sie damit am Tag zuvor vom Gendarmenmarkt in den Tiergarten gestöckelt ist. Aber sie ist. Und hat es unerwartet genossen. Ihre Laufschuhe waren im Koffer, aber der Koffer kam in Tegel nicht an. Berliner Schicksal. Schockiert musste sie feststellen, dass man, anders als im Rest der Welt, am deutschen Tag des Herrn nicht shoppen kann. Weil sie aber keine Lust auf schlechte Laune hatte, lief sie in den Park – und entdeckte die Wonnen eines entspannten einkaufslosen Sonntags im Herbst. „Das hat was!“
Noch in anderer Beziehung bewegt sich Hay gegen den Trend. Ohne Geschichtenerzählen geht heute kulinarisch eigentlich gar nichts. Wer wissen will, wie man Zwiebeln karamellisiert, muss sich erst mal durch Geschichten über Oma, Opa und den besten Freund fressen. Nicht so bei Donna Hay. Die kommt schnurstracks zum Thema: Zutaten, Zubereitung, mögliche Abkürzungen, fertig. Kein Kummer, der mit Soul Food getröstet werden muss, keine Geschichten von überglücklichen Hühnern. Statt von Bauer Mitch zu schwärmen, gesteht sie: „Ich gehe wahnsinnig gern im Supermarkt einkaufen.“ Qualität, klar, aber ohne Ideologie und Nostalgie. „Zurückzugucken interessiert mich nicht. Ich will vorwärts kommen.“
Ihre Laufbahn startete sie bei "Marie Claire"
Freundlich, aber zurückhaltend im Gespräch, beschreibt sie sich als eher scheu. Was ihr am meisten Spaß macht, ist nicht, sich zu produzieren, sondern einfach Rezepte zu entwickeln und mit ihrem kleinen Team umzusetzen. Der Look war ihr von Anfang an wichtig. Ihre Laufbahn startete Hay bei „Marie Claire“, ihre Inspirationen bezieht sie aus der Modewelt. Früher, glaubt sie, war das Optische sogar noch wichtiger als im Zeitalter von Instagram: „Man musste die Leute ja erst mal fürs Kochen begeistern!“ Auf Tricksereien verzichtet sie bei den Fotos, höchstens, dass sie mal ein bisschen Wasser auf schlappe Blätter sprüht, oder etwas Olivenöl auf den Schokokuchen pinselt, für den Glanz. Schließlich muss die ganze Verführung über die Optik funktionieren. „Tageslicht ist wichtig. Und: Du musst schnell sein.“
Bücher haben nun mal keinen Duft. Dabei ist dieser einer der Gründe, warum Donna Hay das Backen so liebt. „Und die Magie des ganzen Prozesses, die Verwandlung von Eiweiß und Zucker in glänzenden Schnee, das Schmelzen der Schokolade. Das Meditative. Man muss abwiegen und messen, entschleunigt automatisch.“ Jetzt, im Gespräch, erzählt sie dann doch von der Großmutter, von der sie das Kochen und Backen gelernt hat, an dem ihre Mutter kein Interesse hat. Die hat lieber gegärtnert und gemalt – und die kleine Tochter am Herd machen lassen. Lemon Curd anzurühren fand diese spannender als Schule. „Das ist das Erste, was ich gekocht habe.“ Von dessen dicker, seidiger Konsistenz, dem zitronigen Geschmack schwärmt sie bis heute.
Das Buch: Backen, das bedeutet hier weit mehr als Kuchen. Cookies, süße Riegel, Lavendel-Madeleines – viel Kleinteiliges. Für etliche Rezepte wie die Kaffee-Energiekugeln braucht man nicht mal einen Backofen.
Modern Baking – Torten, Kuchen, Cookies und mehr. Donna Hay, AT-Verlag, 2018, 400 Seiten, 410 Farbfotos, 39,90 Euro
Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.
Das Rezept
Salzmandel-Cookies mit Karamell-Popcorn
ZUTATEN (für 16 Stück): 120 g hellbrauner Zucker 110 g weißer Kristallzucker (Raffinade) 100 g weiche Butter 1 TL Vanilleextrakt 1 Ei 150 g Mehl 1/4 TL Backpulver 30 g Ovomaltine 1 TL Meersalzflocken 75 g fertig gekauftes Karamell-Popcorn 160 g geröstete Salzmandeln (gehackt) dunkle heiße (überm Wasserbad geschmolzene) Schokolade zum Servieren
ZUBEREITUNG: Den Ofen auf 160 Grad vorheizen. Zwei große Backbleche mit Backpapier belegen. Beide Zuckersorten, Butter und Vanille in einer Rührschussel mit dem Handrührgerat auf hoher Stufe fünf Minuten zu einer hellen, cremigen Masse schlagen. Das Ei hinzufügen und unterrühren. Mehl, Backpulver und Ovomaltine dazusieben, Salz beifügen und alles gut verrühren. Das Popcorn und die Salzmandeln unterheben. Jeweils zwei Esslöffel der Teigmasse zu Kugeln formen, mit etwas Abstand zueinander (der Teig zerläuft nämlich beim Backen) auf die Bleche setzen und leicht flach drücken. 15 bis 18 Minuten goldbraun backen. Die Cookies auf dem Blech auskühlen lassen und zusammen mit einem Schälchen heißer, überm Wasserbad geschmolzener Schokolade servieren. Wer will, kann seine Kekse in die Schokolade stippen.
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