Musikantenstadl ist hier nicht mehr angesagt. Der Österreicher Sebastian Frank hat seine Küche innerhalb kurzer Zeit in die skandinavische Richtung gedreht, und er folgt nur noch Saison, Region und der Magie des „Umami“, dem Sehnen unserer Glutamatrezeptoren. Auf natürliche Art, versteht sich. Dabei bleiben die gewohnten und geschätzten Genüsse erst einmal auf der Strecke. Alle, die sich noch daran erinnern, wie herausragend Frank traditionell österreichisch kochen kann, sollten wissen: Das steht nicht mehr auf der Karte.
Ein Essen im „Horvath“ ist also mehr als früher eine Herausforderung an abenteuerlustige Esser, die es in Kauf nehmen, wenn ein Gang sie einmal ratlos zurücklässt. Das wird hier sicher der Fall sein, es war auch bei mir so, aber das Essen ist eine faszinierende Erfahrung. Wichtig: Frank ist im neuen Jahr auch der Eigentümer und somit völlig frei in seinen Entscheidungen.
Nehmen wir uns einen solchen kompromisslosen Gang aus dem Menü heraus: Sellerie/Herbsttrompeten/Salzteig. Die Basis ist ein Ring Knollensellerie, der im Salzteig gebacken und dann gegrillt wurde. Um ihn herum fließt Sellerieessenz, obendrauf liegen die vorher getrockneten und eingelegten Trompetenpilze, ein gebackener Walnusskern, eine Creme aus Walnüssen und schließlich ein paar Splitter des Teigs als zusätzliche Würzung – eine Miniatur, die die komplexe, keinerlei Regeln folgende Technik dieser Küche verdeutlicht: verschiedene Gartechniken auf einem Teller, robuste Grillaromen, sanfte Essigsäure und die voluminöse Sahnigkeit eines Pürees.
Aber dies ist kein vegetarisches Restaurant. Frank ist nicht an ideologischen Auseinandersetzungen interessiert, sondern bringt einfach zusammen, was ihm gerade in den Kopf kommt. Felchen/Kartoffelsalat/Mais: Ein gegrilltes Filetstück mit einer Creme aus Kartoffelsalat, süß-saurer Perlzwiebel, einem selbst gezogenen Maistrieb, gerösteteter Senfsaat und etwas Schwarzkohl, der im Moment so etwas wie das Feldzeichen der nordischen Umami-Küche ist.
Sehr eigenwillig und nichts für Esser, die Probleme mit Rindermark haben, ist die Kombination einer konfierten Markscheibe mit Birnen, Topinambur und geröstetem Kohl. Gegrillter Weißkohl kommt im Schinkensud mit Marillenkernen, geliertem Pilzessig und Traubenkirschen-Holunder-Mark, und fast schon konventionell köstlich schmeckt der Tafelspitz, herrlich rosa, mit Champignons, Kalbsgrammeln und Steckrübe (Menüs 58/119 Euro und à la carte).
Gastgeber Michael Werner hat die Weinkarte gründlich überarbeitet und mit neuen Namen vor allem aus Deutschland bestückt; er liefert eine ausgefeilte Begleitung glasweise. Ein eigen- und einzigartiges Restaurant: Der Gast muss sich auf Franks komplexe Kompositionen einlassen wie das Konzertpublikum auf einen bisweilen schrägen Neutöner. Dann isst er auf jeden Fall mit Gewinn.
Adresse: Paul-Lincke-Ufer 44a, 10999 Berlin
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