Austilat spart: Gutes Gewissen darf auch mal was kosten
Unser Kolumnist findet eine lahme Amsel. Doch wie viel Benzin und Geld ist das Tierwohl wert?
Der Hund soll wieder zum Tierarzt. Ultraschall. Sein Herz. Ist nur Prophylaxe, aber trotzdem wichtig, sagt meine Frau. Während ich im Kopf durchrechnete, was das wieder kostet, und mir vornahm, noch einmal darüber zu diskutieren, erblickte ich ihn: Ein Vogel saß vor der Gartenhütte, trat lustlos von einem Bein auf das andere, konnte offenbar nicht fliegen. Muss er aber. Bevor Nachbars Katze ihn sieht, oder Duffy, unser trotz seiner angeblichen Herzschwäche ziemlich flinker Hund, mit ihm spielen will.
Noch vor der Katze und dem Hund sah meine Frau den lahmen Vogel. „Ein Amselweibchen“, sagte sie, „wir müssen etwas tun!“ Wir? Ich wollte widersprechen, sie war schneller: „Am besten bringst du ihn in die Tierklinik.“ Die Tierklinik ist in Düppel. Ein weiter Weg. Den Sprit zahlt mir auch keiner.
Mein Nachbar, das leuchtende Beispiel
„Können wir nicht bei Eugen klingeln?“, schlug ich vor. Unser Nachbar wird mir zuweilen als leuchtendes Beispiel vorgehalten, weil er sich immer so aktiv um Haus und Garten kümmert. „Eugen hat Zeit.“ Meine Frau schaute mich an, als ob ich irgendetwas Schlimmes getan hätte. Also rief ich beim Nabu an, bekam aber nur den Anrufbeantworter zu hören. Danach die Tierklinik der FU in Düppel, schon um sicherzugehen, ob sie sich wirklich unentgeltlich lahmer Wildtiere annimmt. Niemand meldete sich.
„Dann eben der Tierarzt“, sagte meine Frau. Ausgerechnet. Wahrscheinlich würde er den Vogel ins MRT schieben. Inzwischen hatte Duffy Witterung aufgenommen und begann sich für den neuen Spielkameraden zu interessieren. Der machte immer noch keine Anstalten zu fliegen, nahm aber das Wasser an, das ihm meine Frau mit einer Pipette reichte. „Na gut“, gab ich mich geschlagen, „ich probiere es in der Tierklinik.“
Alles umsonst?
20 Minuten später kam ich in Düppel an. Der Vogel saß in einem Karton neben mir. Es ging ihm schlecht. Ich hatte die Kliniktür noch nicht erreicht, als er plötzlich mit den Flügeln schlug, anschließend tot zur Seite sank.
Alles umsonst. Ich klingelte trotzdem, eine Frau im Arztkittel öffnete. „Was haben Sie denn da?“ Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Einen Vogel, eben lebte er noch.“ Sie nahm mir vorsichtig die Schachtel ab, versicherte, dass man vermutlich nichts mehr hätte tun können, sie sich jetzt trotzdem um ihn kümmern würde. Dann sagte sie noch: „Das war sehr lieb von Ihnen, dass Sie ihn gebracht haben.“
„Ist doch selbstverständlich“, antwortete ich ein wenig verlegen. Auf dem Rückweg beschloss ich, dem Hund den Ultraschall zu spendieren. Rechtzeitige Vorsorge spart ja vielleicht auch Geld.
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