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Schuhe tragen bei Aeyde Frauennamen. Diese Stiefel heißen Angie
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Atelierbesuch beim Schuhlabel Aeyde: Große Schritte für ein kleines Label

Das Berliner Schuhlabel Aeyde hat sich in nur zwei Jahren etabliert.

Es klingt wie eine dieser typischen, im Nachhinein verklärten Start-Up-Geschichten: An ihrem ersten Arbeitstag bei Zalando, damals noch ein junges Unternehmen, warten Luisa Krogmann und Constantin Langholz-Baikousis am Eingang darauf, ihrem Team zugeteilt zu werden. Die Anfang Zwanzigjährigen kommen ins Gespräch, die Chemie stimmt. Beide haben schon damals den Wunsch, selbst zu gründen. „Es war immer in meinem Hinterkopf, ich musste nur etwas finden, hinter dem ich zu 150 Prozent stehen konnte“, sagt Langholz-Baikousis.

Einige Jahre später ist es soweit: Die beiden lassen ihren gut bezahlten Arbeitsplatz hinter sich und gründen das Schuhlabel Aeyde. Es folgen durchwachte Nächte in einem kleinen Büro, das sie sich mit zwei anderen Start-Ups teilen. Und jetzt, exakt zwei Jahre danach, hat sich die Anstrengung gelohnt.

Das dunkle Büro haben die Gründer gegen einen Loft-Showroom mit hohen Decken an der Karl-Marx-Allee getauscht. Auf Podesten steht ihre jüngste Kollektion: Stiefeletten und Overknees aus Wild- oder Lack-Kalbsleder, in Pastell- und Metallic-Tönen. High-Heels sind nicht zu sehen, dafür Mules und Pumps mit mittelhohem Absatz. Das Design ist schnörkellos, entscheidend sind Details wie die dunkelgrüne Naht, die sich bei jedem Schuh am Schaft befindet und die zum Markenzeichen von Aeyde geworden ist. Durch die Inszenierung wirken die Modelle wie kostbare Raritäten. „Wir behandeln unsere Schuhe wie Ausstellungsstücke, sie sollen Stand-Alone-Objekte sein“, sagt Krogmann.

Stand-Alone-Objekte? Wer mit Krogmann und Langholz-Baikousis spricht, ist ohne Englischkenntnisse verloren. Für den Erfolg einer Marke sei eine starke Brand-Aussage wichtig, erzählen sie. Im Sprech der internationalen Start-Up- Szene reden sie von Verpackung als Packaging, von wiederkehrenden Modellen in ihren Kollektionen als Signature Shapes. Im Gegensatz zu ihrer Wortwahl ist ihr Konzept aber verblüffend simpel: Schuhe, gut gestaltet, aber nicht zu auffällig, in Luxusqualität, aber zu erschwinglichen Preisen.

Fokussierung scheint das Stichwort zu sein, wenn es um die Marke geht. Die wichtigste Lektion, die das Duo während der Jahre im Onlinehandel gelernt hat: In einer Zeit, in der alles schon zu existieren scheint, besteht die Kunst darin, eine Marktlücke zu erkennen und ein Produkt haargenau auf diese zuzuschneiden. „Es gibt einen Luxussektor für Schuhe und einen sehr kommerziellen Massenmarkt, der diese Modelle größtenteils kopiert und sie in der Plastikversion anbietet“, sagt Krogmann. Dazwischen: große Leere. Das liegt auch daran, dass Schuhe für Start-Ups ein schwieriges Feld sind, denn eigene Leisten, also eigene Modelle zu entwickeln und nicht nur zu kopieren, ist kostspielig und aufwendig.

Tief ausgeschnitten. Das ist ein typisches Merkmal vieler Aeyde-Modelle
Tief ausgeschnitten. Das ist ein typisches Merkmal vieler Aeyde-Modelle
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Die Produktion eines Schuhs gleicht einem Puzzlespiel. Jedes der mehr als 40 Einzelteile wird von einem anderen Produzenten gefertigt. Im Fall von Aeyde handelt es sich dabei um kleine, erfahrene Handwerksbetriebe in Italien. Dass die Preise dennoch nie 400 Euro überschreiten, liegt am direct-to-consumer-Modell der Marke. Auf Deutsch: Die Schuhe werden nur online direkt an die Kunden verkauft, Zwischenhändler mit einer eigenen Gewinnmarge gibt es nicht. Nur in seltenen Fällen unternehmen Krogmann und Langholz-Baikousis einen Ausflug „ins Offline“ – aus Imagegründen und um Aeyde erfahrbar zu machen. So wie kürzlich, als sie ihre Marke im KaDeWe präsentierten, wo sie von nun an im Sortiment vertreten sein wird.

Neben einem klaren Konzept, sagen Krogmann und Langholz-Baikousis, sei auch entscheidend gewesen, sich – obwohl man auf Online setzt – vielen der dort geltenden (Erfolgs-)Mechanismen zu verweigern. Zum Beispiel diesem: Junge Designer schicken möglichst auffällige Stücke an möglichst reichweitenstarke Influencer, häufig kostenlos, in der Hoffnung, dass diese sie in den sozialen Netzwerken zum Trend machen und der Marke zum Erfolg verhelfen. Zwar arbeiten auch die Aeyde-Gründer mit Bloggern, doch diese Kooperationen sind rar, langfristig angelegt, Geschenke gebe es nicht. „Die Kunden sind nicht doof, sie merken, wenn etwas nicht authentisch ist“, sagt Langholz-Baikousis.

Generell entzieht sich Aeyde dem Aufmerksamkeitskampf, die Entwürfe sind nicht darauf angelegt, sofort ins Auge zu stechen. Auf Trends wird zwar reagiert, aber wichtiger ist, dass sich die Schuhe mühelos in den Alltag ihrer Trägerin einfügen. Die Herausforderung sei, sagt Krogmann, vermeintlich einfache Dinge bis ins kleinste Detail zu durchdenken. Das gelte für die gesamte Marke, vom Lookbook bis zum Webshop: „Es soll bei uns nicht nur darum gehen, ein Produkt zu kaufen, sondern eine in sich stimmige Welt.“

Mehr unter www.aeyde.com

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