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Unsere Autorin ist in den 80er Jahren mit Ernie und Bert aus der Sesamstraße aufgewachsen, öffentlich-rechtlich. Ihre Tochter darf auch TV schauen - und das ganz ohne "Fernsehstundenplan".
© dpa

TV-Kindheiten im Vergleich: Fernsehen - ohne Plan erlaubt

Unsere Redakteurin Tanja Buntrock braucht keinen Medienpädagogen. Sie lässt ihr Kind ruhig fernsehen - als TV-Kind der 80er hat sie einige Erfahrung. Ist sie deshalb eine Rabenmutter?

Ich bin eine Rabenmutter. Ich lasse mein Kind fernsehen – ohne vorher einen Medienpädagogen konsultiert zu haben. Bei anderen Eltern ist das üblich. Sie kennen alles zum Thema: die Ergebnisse der jüngsten Studien, deren Einsicht wahrscheinlich auch allein erfolgt wäre („Fernsehen macht dumm, dick und gewalttätig.“). Sie wissen aus medienpädagogischen Foren, ab welchem Alter ein Kind wie lange schauen sollte, und vor allem was. Sie erstellen gemeinsam einen „Fernsehstundenplan“, weil der Medienratgeber das so vorschlägt.

Als Fernseh-Kind der 80er Jahre bin ich ohne Fernsehstundenplan aufgewachsen mit Heidi und Bambi, der Sesamstraße, der Maus und Peter Lustigs Löwenzahn. Im Grundschulalter schaute ich Serien wie „Ich heirate eine Familie“, „Praxis Bülowbogen“, später „Die Guldenburgs“ oder „Diese Drombuschs“, mit Witta Pohl als Vera Drombusch. Unvergessen der tiefsinnige Dialog mit ihrem TV-Lebenspartner Martin, dem sie sagte: „In der Liebe bist du eine Eintagsfliege.“ Woraufhin er genauso tiefsinnig erwiderte: „Auch eine Eintagsfliege kann lieben. Aus ihrer Sicht ein ganzes Leben.“

Wenn einem so etwas 30 Jahre später noch im Kopf bleibt, hat Drehbuchautor Robert Stromberger wohl alles richtig gemacht. Und meine sechsjährige Tochter? Woran wird sie sich in 30 Jahren erinnern? An hochwangige, wespentaillierte Animationsfiguren mit übergroßen Augen? An die Zeilen von „Lass jetzt los“ aus ihrem Lieblingsfilm „Die Eiskönigin“? („Ich bin frei, endlich frei und ich fühl' mich wie neugeboren. Was war, ist jetzt vorbei…“)?

"Mama! Bitte leiser staubsaugen!"

Einen Fernsehstundenplan gibt es bei uns nicht. In der Regel soll mein Mädchen kein Fernsehen unter der Woche schauen; nur am Wochenende mal einen Film oder ein paar Folgen Lauras Stern und Conni. Es kommt nicht so genau darauf an. Ob ich mit meinem Kind zusammen schaue, wie es die Experten raten? Gott bewahre! „Mama, raus!“, ruft sie. Oder auch: „Bitte leiser staubsaugen!“, wenn sie eingekuschelt auf dem Sofa mit einer Schale Apfelschnitzen vorm TV-Gerät sitzt.

Neulich hat meine Mutter ihr erzählt, wie gut die Weihnachtsente in Bremen geschmeckt habe. „Na ja, mag sein“, sagte meine Tochter und setzte zu einer Erklärung auf ihre ganz eigene Art an: „Aber so mehr Tiere gegessen werden, so mehr Flächen werden abgeholzt, so weniger Bäume gibt es. Und das ist schädlich für uns Menschen.“ Woher sie das weiß? Aus dem Fernsehen. Kinderkanal. Meine These: Es kommt nicht immer drauf an, wie lange geschaut wird, sondern wohl eher, wer schaut.

Medienratgeber: www.schau-hin.info/ sind hilfreich und amüsant.; „Diese Drombuschs“ gibt es zum Beispiel in der Collector's Box, 16 CDs, ab 6 Jahren.

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