zum Hauptinhalt

Mode in Berlin: Das Label Steinrohner: Emotionen statt Kollektionen

Wie Muscheln am Fels und flüssige Lava: Sie sprechen bei Steinrohner lieber von Editionen als von Kollektionen, denn jedes Mal entsteht eine eigene, in sich geschlossene Welt.

Die Jacke aus transparentem Latex glitzert in der Sonne, die durch die großen Atelierfenster scheint. Auf den Ärmeln stehen wellenförmige Latexstreifen ab. So muss es aussehen, wenn sich die Sonne kurz unter der Meeresoberfläche in hin und her wogenden Algen bricht.

Ein Mantel erinnert mit seinen fein verwebten durchsichtigen Kunststofffasern an eine Qualle, ein Top mit Kunstbast hat die Farbe von leuchtenden Korallen, kleine Stoffröhren sind an einen Rock genäht, sie stehen ab wie Muscheln an einem Felsen im Meer.

All das haben sich die Designerinnen Caroline Rohner und Inna Stein ausgedacht. Nicht als Kostüme für die kleine Meerjungfrau – ihre Entwürfe sollen Menschen auf der Straße tragen. Gern auch in Berlin, denn hier arbeiten und leben die zwei, hier haben sie ihr Label gegründet.

Sie sprechen lieber von Editionen als von Kollektionen, denn jedes Mal entsteht eine eigene, in sich geschlossene Welt. Die Winteredition heißt Lava. Und wirklich sehen Jacken, Kleider und Mäntel aus, als habe flüssige Lava darauf ihre Spuren hinterlassen. Die Ärmel eines Kleides haben die Designerinnen mit einer für sie typischen Lasertechnik in viele Streifen geschnitten, das erinnert an phosophorfarbene Versteinerungen.

Ganze Kleider sind so in mehreren Lagen gearbeitet, wie Skulpturen zum Anziehen wirken sie jedoch keinesfalls – und auch nicht wie aufwendige Bastelarbeiten. Das ist schon ein Kunststück und könnte an den hochwertigen Stoffen liegen, die die beiden verarbeiten. Viele werden in der Schweiz hergestellt, der Heimat von Caroline Rohner.

Der Sommerurlaub ist dieses Jahr ausgefallen. Viel Arbeit und vage Aussichten, bisher gibt es einen Shop in Schanghai und einen London, der ihre Sachen verkauft. Aber wenn Caroline Rohner und Inna Stein über ihre Entwürfe sprechen, sehen sie glücklich und zufrieden aus. Monatelang haben sie in Bibliotheken in dicken Bildbänden nach Motiven für ihre Edition gesucht. Die hängen jetzt, zu einer riesigen Collage vereint, an einer Wand ihres Kreuzberger Ateliers. Aus den Bildern haben sie einen Digitaldruck entwickelt, der die feinen Faserverästelungen einer Meerespflanze nachbildet. Das schwarz-weiß-graue Muster ziert jetzt Kleider und Blusen aus Seide.

Schon seit dem zweiten Semester steht für die beiden fest: Wir arbeiten nur noch zusammen. Alles diskutieren sie, die eine beginnt mit einem Kleidungsstück, die andere bringt es zu Ende. Zusammen haben sie ihren Bachelor, dann den Master gemacht und waren danach Meisterschülerinnen an der Kunsthochschule Weißensee. Auch als sie vom Luxusmodehaus Louis Vuitton das Angebot bekamen, sich zu bewerben, die eine als Trendscout, die andere als Zeichnerin, blieben sie dabei: Wir machen unser eigenes Label.

Was aus Steinrohner wird, ist ungewiss. Aber wenn man sich ihre Kollektionen anschaut, ist es gut, dass sie es versuchen. Sie arbeiten unermüdlich an ihrem Businessplan und hoffen, dass die Einkäufer sie jetzt nach der dritten Saison gut genug kennen, um bei ihnen zu ordern. Eine wichtige Voraussetzung haben sie auf jeden Fall fürs Überleben: eine eigene Handschrift.

- Infos unter www.steinrohner.com

Zur Startseite