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Bekömmliche Bohne. Seinen Ruf als Gesundheitsgefahr hat Kaffee offenbar zu Unrecht.
© picture alliance / dpa

Koffein und Gesundheit: Ein Herz für Kaffee

Traditionell gelten Latte und Espresso als Gefahr für die Pumpe. Aber Studien zeigen eher das Gegenteil.

Ärzte raten Herzkranken nicht selten davon ab, Kaffee zu trinken. Häufig wird befürchtet, dass das in dem Gebräu enthaltene Koffein Herzstolpern oder -rasen auslöst, im Fachjargon Herzrhythmusstörungen genannt. Eine Vorsichtsmaßnahme, sind doch Herzpatienten besonders anfällig dafür, dass ihre Pumpe aus dem Takt gerät. Aber diese Befürchtungen sind offenbar unbegründet, wie eine neue Studie aus Brasilien belegt – und es ist nicht die erste!

Priccila Zuchinali von der Federal University of Rio Grande do Sul in Porto Alegre und ihr Team testeten minutiös, welche akuten Folgen die Koffein-Zufuhr für das Herz hat. 51 Patienten mit Herzschwäche wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine bekam über einen Zeitraum von fünf Stunden fünf Tassen Kaffee mit insgesamt einem halben Gramm Koffein, die andere trank die gleiche Menge entkoffeinierten Kaffees. Zugleich wurde der Herzrhythmus mit einer Herzstromkurve (EKG) aufgezeichnet.

Ein halbes Gramm Koffein, 500 Milligramm, sind übrigens eine ziemlich happige Dosis. Eine Tasse enthält normalerweise lediglich 40 Milligramm. Zusätzlich mussten die Teilnehmer eine Stunde nach dem Kaffeetrinken noch einmal aufs Laufband, um ihr Herz unter körperlicher Belastung auf die Probe zu stellen. Ergebnis: Ob die Herzkranken Koffein zu sich genommen hatten oder nicht, spielte keine Rolle. Ein unregelmäßiger Herzrhythmus, etwa gelegentliches „Stolpern“, trat in beiden Gruppen gleich häufig auf.

Es gibt Hinweise darauf, dass Kaffee gut fürs Herz ist

Das Koffein hatte demnach keine nachteiligen Folgen für das Herz, lautet das Fazit der im Fachblatt „Jama Internal Medicine“ veröffentlichten Untersuchung. Wer herzkrank ist, aber koffeinhaltigen Kaffee gut verträgt, braucht nicht auf ihn zu verzichten. Natürlich in Maßen, wie es sich für ein Genussmittel geziemt.

Bereits Anfang des Jahres erschien eine amerikanische Studie mit 1400 Teilnehmern, die den Einfluss des „chronischen“ Koffein-Konsums, enthalten in Tee, Kaffee und Schokolade, auf das Risiko von Rhythmusstörungen untersuchte. Die Forscher um Gregory Marcus von der Universität Kalifornien in San Francisco prüften unter anderem, inwieweit zusätzliche Herzschläge, Extrasystolen, auftraten. Auch hier fand sich, anders als bislang oft befürchtet, kein Beleg dafür, dass Koffein das Herz aus dem Tritt bringt, sondern eher sogar ein günstiger Einfluss.

Es gibt inzwischen etliche Hinweise darauf, dass Kaffee gut fürs Herz ist (wenn auch keinen letzten Beweis). Moderater Konsum soll das Risiko von Herzleiden und Schlaganfall ebenso senken wie das der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und von Depressionen. Auch ein Schutz vor Gallensteinen und vor der Schüttellähmung (Parkinson) wird vermutet.

Der leichte koffeinbedingte Anstieg des Blutdrucks ist dagegen vorübergehender Natur. Der Hausarzt, der seinem Patienten den Kaffee untersagt, könnte am Ende also mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Unser Kolumnist leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels und schreibt an dieser Stelle an jedem ersten Sonntag im Montag. Haben Sie eine Frage zu seiner guten Nachricht?

Bitte an: sonntag@tagesspiegel.de

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