Berliner Schnauzen: Mantelpaviane: Ein Auge für Frauen
Auf dem Affenfelsen im Zoo leben echte Paschas. Selbst Hugh Hefner wäre da neidisch gewesen.
Wir schreiben das Jahr 2019, hinter uns liegen #MeToo, „Nein heißt Nein“, 100 Jahre Frauenwahlrecht; das Land hat eine Kanzlerin. Auf dem denkmalgeschützten Affenfelsen im Zoo, den man gut vom Bikini-Haus aus sehen kann, spielt das alles keine Rolle. Hier ist die Zeit stehengeblieben. Das ahnt man, wenn man die Aushöhlungen im Stein bemerkt – Spuren der Granatsplitter, die im Zweiten Weltkrieg durch die Luft schossen. Schon damals saßen Mantelpaviane auf dem künstlichen Brocken, und schon damals, ach was, seit jeher lieben die Tiere Hierarchien. Schön streng und patriarchalisch, bitte. Skandale, Petitionen? Pfff.
Die derzeit 41 Exemplare leben in einem fein gegliederten System, in dem Weibchen Gebärmaschinen und Statussymbole der Paschas sind. Tatsache, echte Paschas. Diese zoologische Bezeichnung haben sich die erwachsenen Männchen verdient, schließlich halten sie sich mindestens eine Handvoll Weibchen als Harem. Mehrere Harems schließen sich wiederum zu einem Clan zusammen, und Clans bilden in der Wildnis bis zu 200-köpfige Banden. Fehlen eigentlich nur noch tiefergelegte Karren und Goldringe.
Wer nun den Rücktritt der Mantelpaviane von allen Ämtern fordert, sei gewarnt, es kommt noch schlimmer. Denn so einen Harem bekommt man als Pascha nicht, indem man einfühlsame Gespräche führt oder leere Karriereversprechungen macht, sondern allein durch böse Blicke und brutale Unterwerfung. Da kann einem als halbwegs modernem Menschen ganz schwindlig werden.
Über allem strahlt das Hinterteil
Zum Glück sind wir mit Pavianen nur entfernt verwandt. Die Erleichterung darüber wird umso größer, wenn man sich das Äußere der Tiere beschaut. Über allem strahlt das Hinterteil, feuerrot und wulstig, so als hätte man im Harem gerade ein paar Sachen aus „Fifty Shades of Grey“ probiert. Bei den Männchen sehen die sogenannten Sitzschwielen ganzjährig wie Alarmleuchten aus, bei den Weibchen nur, wenn sie paarungsbereit sind. Subtilität kennen die Paviane nicht.
Entsprechend imposant ist auch das Fell der Männchen, das als silbriger Pelz wie ein Morgenmantel über Kopf, Schultern und oberem Rücken liegt. Hugh Hefner wäre neidisch gewesen, wahrscheinlich weniger auf die riesigen Eckzähne, mit denen sich die Paviane zeigen, wer der Boss ist – und im Zweifelsfall auch einem Leoparden, der sich in ihrem natürlichen Lebensraum zu nah an den Harem heranwagt. Am südwestlichen Zipfel der Arabischen Halbinsel, wohin es die Mantelpaviane als einzige Pavianart außerhalb des afrikanischen Kontinents geschafft haben, kann das passieren. Drüben in Nordostafrika sind Leoparden so gut wie ausgestorben, ganz im Gegensatz zu den Paschas und ihren Damen. Die sind zäh und anpassungsfähig. Auf der Suche nach Knollen, Wurzeln, kleinen Säugetieren legen sie schon mal 15 Kilometer am Tag zurück, eine Kolonne glühender Hinterteile, wie Rücklichter auf der Stadtautobahn. Tarnung haben die Mantelpaviane nicht nötig.
Selbstbewusst ziehen sie, auf allen vieren laufend, auch um den Affenfelsen ihre Runden. Eines der Männchen hier hat übrigens nur ein Auge. Die Pfleger dachten, bei den Weibchen sei er chancenlos. Doch er wurde zu einem der erfolgreichsten Paschas, die Frauen lagen ihm zu Füßen. Oder vielmehr: Er legte sie sich zu Füßen.
Mantelpavian im Zoo
Lebenserwartung: etwa 30 Jahre
Interessanter Nachbar: Gorilladame Fatou
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