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Der Kuhkofferfisch.
© iFoto:wkimedia commons

Berliner Schnauzen: Der Kuhkofferfisch

Er hat kaum Feinde und sein Gift könnte Menschen töten. Der Kuhkofferfisch ist ein Überlebenskünstler. Doch so viel Erfolg macht einsam.

Thorsten tut sich schwer mit der Integration, seit er 2016 hier eingezogen ist. Bunt schillert das Korallenriff, Fische jagen umher, doch er schwimmt immer nur weit über allen anderen, flattert mit den Flossen wie ein Kolibri und zieht eine Schnute.

Die Pfleger im Tierpark nennen ihn „einen Stinkstiefel“. Aber man kann seine schlechte Laune ja auch verstehen: Vorher, in seinem eigenen Becken, war der Kuhkofferfisch, der tatsächlich aussieht wie ein etwa 20 Zentimeter langes Handgepäckköfferchen, der unangefochtene King. Ein Besuchermagnet. Jetzt muss er sich die Aufmerksamkeit teilen mit Rochen oder blauen Doktorfischen, die seit „Findet Nemo“ alle Dorie nennen.

Dabei ist Thorsten eigentlich Teil einer erfolgreichen Spezies, der Kuhkofferfisch hat kaum Feinde. Wie das Seepferdchen trägt er eine Panzerhaut aus Knochenplatten. Noch dazu umgibt den Panzer eine Schleimhaut mit Gift – Tetrodotoxin. Es könnte Menschen töten, das hat er mit den verwandten Kugelfischen gemein. Gerät er unter Stress oder in Gefahr, kann er das Gift absondern und damit seine Mitbewohner im Korallenbecken töten. Stirbt ein Kofferfisch, könnte er alle anderen Aquarienbewohner mit in den Tod reißen, wenn sein Gift austritt. Tote Tiere müssen deshalb sofort aus dem Tank entfernt werden.

Den Männchen wachsen Hörnchen

Vielleicht ist auch das der Grund, warum Thorsten ein Außenseiter ist. Erfolg macht einsam. Der Kofferfisch würde auch nur maximal einen weiteren Artgenossen im Becken ertragen.

Es hilft nicht unbedingt, dass ihn die dicken Lippen an seinem Mini-Schnabel so abgehoben wirken lassen. Überhaupt trägt der Kofferfisch ein schillerndes Gewand. Sein Bauch strahlt gelb. Je nach Lichteinfall und je näher sich Thorsten in Richtung der Wasseroberfläche absetzt, wird das Muster mal heller, mal dunkler.

Den Männchen wachsen Hörnchen, wie die Stielaugen einer Schnecke. Thorsten gibt es nicht gerne zu, aber die Hörnchen sind seine Problemzone. Würde er immer mehr Garnelen, Muscheln und Krill futtern: Genau dort würde es ansetzen.

Wenn die Tierpfleger die Rochen im Becken füttern und sie dafür mit einem schwarzen Ball anlocken, kriegt Thorsten Angst und zieht weiter seine Schnute. Wenn Thorsten aber mal aus sich rauskommt, geht er bei der Fütterung energisch dazwischen, schnappt sich, was ihm schmeckt, und spuckt mit Wasser, damit es schneller geht. Denn er kann auch neugierig, der mürrische Außenseiter. Dann streckt er seine Hörnchen aus dem Wasser. Oder er spielt mit der Strömung, lässt seinen kleinen Hartschalenkofferkörper hin und her treiben.

Sicher, es gibt schönere Tiere. Aber auch wenn es nicht so aussieht, stromlininenförmig ist er doch, der Kofferfisch. Mercedes-Ingenieure haben das erkannt und sich diese Erkenntnis zunutze gemacht. Sie bauten ein Auto, das genauso aussieht wie Thorsten und das besonders wenig Energie verbraucht – das Bionic-Car. Inspiration aus dem Korallenriff.

Dieser Ruhm. Wenn das nur Thorsten wüsste, das ist ja fast wie früher in seinem eigenen Becken.

KUHKOFFERFISCH IM TIERPARK 

Lebenserwartung:  5 bis 10 Jahre

Natürliche Feinde: Hai, Barracuda

Interessanter Nachbar: Blaupunktrochen

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