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Gefährlich: Hechtalligator.
© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (86): Der Hechtalligator

Nicht bösartig, aber zu nahe sollte man diesen Riesenkrokodilen auch nicht kommen. Ihre Tötungsmethode ist nicht die feine englische Art.

Regungslos liegen sie nebeneinander in ihrem Becken im Krokodilhaus des Tierparks. Wie ein altes Ehepaar, das sich nichts mehr zu sagen hat. So ganz falsch ist der Eindruck nicht: Zwischen den beiden Hechtalligatoren ist alles ein für alle Mal geklärt.

Das Weibchen wird von den Mitarbeitern des Tierparks „Zicke“ genannt; im Stuttgarter Zoo, woher es stammt, gab es nur weibliche Tierpfleger, mit Männern kann es deshalb nicht – anfangs galt das auch in Bezug auf Artgenossen Eugen.

Er ist zwar noch ein bisschen größer und schwerer (schätzungsweise 400 Kilogramm auf vier Meter) als sie, aber sehr gutmütig. Und so konnte ihn Zicke immer wieder angreifen, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.

Bis zu dem Tag, als sie ihm die letzte Schwanzschuppe abbiss. Da war der Spaß vorbei. Es folgte eine ordentliche Gegenattacke, nach der das Weibchen erstmal ein paar Wochen Sicherheitsabstand hielt.

„Seitdem ist die Rangordnung klar, und die beiden sind ein Herz und eine Seele“, erzählt Tierpflegerin Grit Vogt, die mit dem Paar so vertraut ist, dass die Tiere auf ihre Stimme reagieren.

Stumpfe Schnauze

Der Name Hechtalligator rührt von der Form der Schnauze her: stumpf und abgerundet wie die aussieht, erinnert sie an den Raubfisch. Weit verbreitet ist auch der Begriff Mississippi-Alligator, denn in der Natur kommen die Tiere in Flüssen, Sümpfen und Seen im Süden der USA vor – von Texas bis North Carolina.

Mitte des 19. Jahrhunderts setzte dort eine intensive Jagd auf die Alligatoren ein, weil Produkte aus Krokodilleder sehr gefragt waren. Momentan ist die Art in ihrem Bestand nicht mehr gefährdet.

Obwohl sich viele Mythen um ihre Gefährlichkeit drehen, sind Hechtalligatoren nicht bösartig, sie verteidigen aber ihr Revier. Ihre schärfste Waffe ist der Schwanz, mit dem sie heftige Schläge austeilen können.

45 Minuten unter Wasser

Ziemlich brutal klingt auch, wie sie ihre Beute erlegen (neben Fischen und Schnecken mögen die Alligatoren Vögel und Säugetiere): Sie ziehen Tiere vom Ufer ins Wasser, halten sie fest, als wären ihre Opfer in einen Schraubstock eingespannt, und ertränken sie dann; 45 Minuten können sie selbst locker unter Wasser bleiben. Menschen scheuen sie eher.

Im Tierpark ist Hunger kein Thema. Da gibt es alle paar Wochen tote Zwergkaninchen für Zicke und tote große Kaninchen für Eugen. „Wenn wir das Futter hineingeben, schnappen sie nicht gleich zu“, sagt Tierpflegerin Vogt. Denn punktuelles Sehen gehört nicht zu den Stärken der Tiere. Dafür hören sie sehr gut.

Brunftschrei wie ein Löwe

Spektakulär ist der Brunftschrei des Alligators. Dann klingt er wie ein Löwe. Die Bellgeräusche werden nicht mit Stimmbändern, sondern in der Lunge erzeugt. In der Paarungszeit im Frühjahr locken die Männchen damit die Weibchen an – und halten ihre Konkurrenten auf Distanz.

Wenn es geklappt hat mit der Paarung, legen die Weibchen in Wassernähe ein Nest an, in dem sie die Jungtiere ausbrüten. Im Tierpark kann man Eugens Brunftschrei nur selten hören, und Zicke hat zwar schon mal ein Nest gebaut, aber noch keine Eier gelegt.

Ob es an den klimatischen Bedingungen liegt oder daran, dass die Harmonie zwischen den beiden doch nicht stimmt? Sie sind und bleiben ein altes Ehepaar.

Lebenserwartung:  60 bis 70 Jahre

Fütterungszeiten im Tierpark:  Im Sommer alle 14 Tage, im Winter alle drei bis vier Wochen

Interessanter Nachbar: China-Alligator, Grüner Leguan

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