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Der Bergkarakara.
© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (90): Der Bergkarakara

Er bewegt sich zwar uncool, ist aber neugierig, supersozial - und hat sogar Humor

Dass die Evolution wenig Respekt vor ihren Errungenschaften hat, beweist der Bergkarakara. Ein Raubvogel aus der Familie der Falkenartigen, beheimatet in den Anden, bis auf 3000 und 4000 Meter Höhe kommt er vor, und was hat man da sogleich für Assoziationen: Spähflüge über den Gipfeln Südamerikas, stolze Kreise gezogen in der pazifischen Thermik und spektakuläre Sturzflüge Richtung Maus und Ähnliches. Aber das ist alles Fantasie. Denn was macht der Bergkarakara stattdessen? Er geht zu Fuß. Wie ein Huhn!

Tipp-tipp-tipp, ein paar Schritte hin, tipp-tipp-tipp, ein paar Schritte zurück. So wackelt er im Tierpark Friedrichsfelde hinter seinem Maschendrahtgehegezaun hin und her. Ein etwa 50 Zentimeter großer Vogel mit schwarzem Gefieder, weißen Beinen und einem kräftigen hellgrauen Schnabel.

Ameisen und Stadtmäuse vernaschen sie auch

Die für einen Falkenartigen uncoole Fortbewegungsvorliebe verdankt der Bergkarakara seiner entschleunigenden Nahrungspezialisierung: Er frisst unter anderem Aas. Man nennt ihn deshalb auch einen Geierfalken. Aber das klingt lange nicht so schön wie der seinem Ruf nachempfundene Name Karakara.

Die durchs Aasfressen frei gewordene Energie hat der Bergkarakara in Neugier gewandelt. So sieht es jedenfalls Manuel Sembritzki, der zu den Pflegern bei den Greifvögeln gehört. Ein supersozialer Vogel sei der Bergkarakara, sogar einer mit Humor. Beliebtester Witz in der großen Voliere: den Schnürsenkel der Pfleger aufzupfen. Und wenn Besucher den Vogel locken, kann es sein, dass dieser ankommt und erwartungsfroh in den Zaun beißt. Auch für Besucherhunde interessieren die Vögel sich. Ameisen und Stadtmäuse seien aber gewarnt: Bergkarakaras sind zwar Aasfresser, aber nicht ausschließlich. Kleintiere und Wirbellose, die sich in ihr Gehege verirren, vernaschen sie ebenso.

Ein Vogel frisst nur, wenn er hungrig ist

Wie alle Tierpark-Greifvögel leben die Bergkarakaras paarweise und in Käfigen, die entlang einer Art Rundweg aufgestellt sind. Mancher Mensch lässt sich dazu verleiten, diese zwei spazierfreudigen Vögel weniger als beispielsweise die Adler für ihr Eingesperrtsein zu bedauern, weil ihnen die Fliegerei nicht fehlen wird. Aber das seien völlig falsche Gedanken, sagt Pfleger Sembritzki. Die Reviere von Greifvögeln orientierten sich an den Futterquellen. Ein Falke, der über einem Mausekäfig wohnt, würde auch nicht durch die Gegend fliegen, um zu schauen, was es sonst noch so zu fressen gebe, sondern sich aus dem Käfig vor seinen Füßen bedienen. Und anders als bei Hunden bestehe die Gefahr des Verfettens nicht. Ein Vogel fresse nur, wenn er hungrig ist – und nicht nur weil’s schmeckt. Schließlich muss er sich ja immer noch – und sei es nur für kurze Wege – in die Luft schrauben können. Das geht mit Hängewanst nicht mehr so gut.

Weltweit gibt es neun Karakara-Arten, unter denen auch bedrohte sind, etwa der Falklandkarakara. Für den Bergkarakara gilt das nicht. Trotzdem würde man sich im Tierpark freuen, wenn die zwei Vögel, die inzwischen seit 15 Jahren zusammen in dem Käfig leben, Nachwuchs bekämen. Bisher sei von Balzverhalten keine Spur gewesen, sagt Sembritzki, der die Hoffnung nicht fahren lässt. Auch für Vögel gilt nämlich, dass es dauern kann, bis es „Zoom“ macht.

BERGKARAKARA IM TIERPARK

Lebenserwartung:  30 Jahre

Fütterungszeiten:  15.30 Uhr, Montag ist Fastentag

Interessanter Nachbar: Kampfadler

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